Corona-Pandemie Corona: Tests, Ketten und Tagebuch

Kreis Viersen · Ein WZ-Interview mit Dr. Barbara Nieters, Leiterin des Kreis-Gesundheitsamtes, über steigende Fallzahlen, Personalbedarf und Aufwand in Pandemie-Zeiten.

Dr. Barbara Nieters leitet seit Mai das Gesundheitsamt des Kreises Viersen.

Foto: Reemen

Die Zahlen der Infektionen mit dem Corona-Virus steigen wieder. Am Mittwoch gab es auf einmal zehn Neuinfektionen im Kreis Viersen. Aktuell sind 54 Personen infiziert. Die WZ sprach darüber mit Dr. Barbara Nieters, Leiterin des Gesundheitsamtes des Kreises Viersen.

Wie bewerten Sie die Corona-Lage im Kreis Viersen aktuell?

Dr. Barbara Nieters: Ich habe schon damit gerechnet, dass durch die Reisen vermehrt Infektionen auf uns zukommen. Und es zeigt sich nun auch, dass ein hoher Anteil der gemeldeten Neuinfektionen Reiserückkehrer oder Kontakte davon sind. Die Infektionsketten lassen sich zum Teil gut nachvollziehen.

Was erwarten Sie, wie es nun weitergeht?

Nieters: Wir bereiten uns auf weiter steigende Zahlen vor. Die Tatsache, dass die Reiserückkehrer aus Risikogebieten verpflichtet werden sollen, sich testen zu lassen, und dass sich Erzieher und Lehrer freiwillig testen lassen können, wird sicher für steigende Zahlen sorgen. Nach dem Motto: Wer sucht, der findet auch. Das ist natürlich gut, so können wir Infektionsketten durchbrechen. Aber das bedeutet auch Mehrarbeit für uns. Darauf müssen wir uns vorbereiten.

Wie können Sie sich darauf vorbereiten?

Nieters: Ich schaue, dass ich unser Team stärke und Unterstützung hole, so gut es geht. Wir haben zum Beispiel zurzeit sogenannte Scouts vom Robert Koch-Institut, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) sowie befristet angestellte Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort arbeiten und helfen, Kontaktpersonen nachzuverfolgen. Leider werden aktuell diese Hilfen zum Teil auch wieder abgezogen, da sie bei ihrem Arbeitgeber nicht mehr entbehrlich sind.

Nachverfolgbarkeit ist ja ein großes Ziel vieler aktueller Maßnahmen, wie Corona-App oder Reservierungen in Restaurants. Funktioniert das?

Nieters: Bisher hatten wir hier im Kreis Viersen noch keinen positiven Fall durch die Warn-App und es war auch keine Nachverfolgung über Restaurants notwendig. Wir haben aber zum Glück viele positive Fälle, die Kontaktpersonen Grad I und daher bereits in Quarantäne waren. Das ist positiv, weil wir so die Infektionsketten unterbrechen können. Das Prinzip der Kontaktnachverfolgung funktioniert, auch wenn es nicht in jedem Fall möglich ist. Wir haben wenige eher lange Ketten, die sich gut nachvollziehen lassen. Ob wir diese Ketten durchbrechen können, hängt dann natürlich auch am Verhalten der Bürger.

Und wie nehmen Sie dieses Verhalten im Kreis Viersen wahr?

Nieters: Es ist wohl doch relativ gut. Dass es oft gelingt, die Infektionsketten zu unterbrechen, spricht dafür. Natürlich kann man nicht vollständig kontrollieren, ob sich die Menschen an die Quarantäne halten. Dafür sind die lokalen Ordnungsämter zuständig. Wir als Gesundheitsamt rufen alle Kranken und die Kontaktpersonen täglich an, fragen nach dem Wohlbefinden und führen Tagebuch dazu. Wenn wir aber Schwierigkeiten bei der Erreichbarkeit haben, melden wir das ans Ordnungsamt und die schauen vorbei.

Sie haben darauf hingewiesen, dass Testungen von Personal an Schulen und Kitas sowie Reiserückkehrern Aufgabe der niedergelassenen Ärzte ist. Stehen Sie mit den Ärzten in Kontakt über Anzahl der Testungen?

Nieters: Wir stehen schon mit einigen Ärzten in Kontakt. Die Rückmeldungen sind sehr unterschiedlich. Bei einigen ist die Nachfrage groß, bei anderen weniger. Mit dem Ende der Ferien wird sich die Situation da sicher noch einmal stark verändern.

Erfreulicherweise gab es in den vergangenen Wochen keine weiteren Todesfälle – sind die Krankheitsverläufe mild? Oder funktioniert der Schutz der Älteren besser?

Nieters: Das kann ich nicht genau sagen, ob die Krankheitsverläufe milder sind oder ob es an den Maßnahmen zum Beispiel für Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Altenheimen liegt. Auf jeden Fall ist es so, dass wir sehr bemüht sind, die Einrichtungen zu schützen. Dort werden stringente Maßnahmen umgesetzt. Da haben wir aus der Anfangszeit, in der wir von der Situation überrollt wurden, gelernt und es ist auch richtig, diese Sicherheitsvorkehrungen weiterhin einzuhalten.

Gibt es zurzeit Menschen mit Covid-19 im Kreis Viersen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen?

Nieters: Aktuell (Stand: Freitagvormittag) sind drei Patienten im Kreis Viersen, die stationär behandelt werden.

Gibt es zurzeit eigentlich noch viele Anfragen am Bürgertelefon?

Nieters: Das Bürgertelefon beantwortet allgemeine Fragen, Fachfragen werden dann an unsere Hotline des Gesundheitsamtes weitergeleitet. Wir nehmen wahr, dass zurzeit sehr viele der gestellten Fragen fachlich sind und direkt an die Hotline weitergeleitet werden. Es gibt da Wellenbewegungen. Wenn es eine neue Erlass-Lage gibt, gibt es auch direkt viele Fragen dazu. Das bindet auch noch viel Personal.