Flüchtlinge: Der Wohnraum wird knapp
Die Stadt stößt bei der Unterbringung an ihre Grenzen. Mehr als 1000 zusätzliche Plätze müssen geschaffen werden.
Viersen. Es waren tiefe Sorgefalten, die zum Abschluss der jüngsten Ratssitzung im Gesicht des Viersener Sozialdezernenten Dr. Paul Schrömbges zu sehen waren. Und die hatten nichts mit der verlorenen Bürgermeisterwahl zutun. In einem kurzen Statement informierte der Beigeordnete die Politik über die „immer schwieriger werdende Situation“ rund um die Unterbringung von Flüchtlingen in der Kreisstadt. Zuvor hatte es ein Treffen allen Bürgermeister des Kreis Viersen und der jeweiligen Verantwortlichen der Sozialabereiche der Kommunen gegeben.
In dem Gespräch ging es nicht nur um Bleibemöglichkeiten für neu ankommende Flüchtlinge, die Stadt stößt auch bei der „Regel-Unterbringung“ — bei der Menschen dauerhaft in der Stadt Viersen bleiben — zunehmend an Grenzen.
So hat die Stadt am Stichtag Ende September 542 Menschen in solchen Einrichtungen untergebracht. „Es ist davon auszugehen, dass wir bis Ende des Jahres weitere 1120 Personen dauerhaft zugewiesen bekommen“, erklärte Schrömbges. Viersen verfügt derzeit aber nur über insgesamt 586 Plätze. „Das heißt, wir müssen mehr als 1000 zusätzliche Plätze schaffen“, so der Dezernent.
Das stellt die Verwaltung vor Probleme. Der Wohnungsmarkt in der Stadt sei „abgegrast“, kurzfristig müssen Alternativen geschaffen werden. Im Gespräch sind Räumlichkeiten in einer Halle zwischen Dülken und Boisheim, die Diergardtschule, auf jeden Fall genutzt wird das Haus 6 auf dem Gelände der LVR-Klinik in Süchteln. Nach Berechnungen der Verwaltung könnten an diesen Stellen insgesamt 429 Plätze geschaffen werden. Schrömbges: „Doch das sind aber immer noch 400 Plätze zu wenig.“
Neben der schwierigen Suche nach Unterkünften vor Ort beklagt Schrömbges den mangelnden Informationsfluss zwischen Land und Bezirksregierung einerseits und der Stadt andererseits. „Wir kriegen keine rechtzeitigen Hinweise, sondern die Busse mit den Menschen einfach vor die Tür gestellt. Das darf nicht sein“, so Schrömbges. „Und ich gehe nicht davon aus, dass Heiligabend diese Situation beendet ist. Das wird uns auch im nächsten Jahr beschäftigen.“
Parallel macht sich Schrömbges weitere Gedanken: „Das ist eine Form von Unterbringung, die der Not geschuldet ist. Das hat aber mit Integration nichts zu tun.“ In der Tat kommen auf die Stadt Auswirkungen auf Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen zu. Auch Bürgermeister Günter Thönnessen skizzierte weitere Aufgaben, die die Stadt und die Bürger bewältigen müssen: „Wir brauchen Wohnraum für die Menschen, die bleiben werden. Wir müssen gleichzeitig aber auch preiswerten Wohnraum für die sozial schwächeren Bürger vorhalten, die bereits hier leben.“
Der Verwaltungschef betonte, dass eine stillgelegte Schule „keine Art der Unterbringung“ sei, die er in drei bis vier Jahren noch haben wolle: „Da ist sonst sozialer Sprengstoff programmiert“, so Thönnessen.
Viersen benötige preiswerte Wohnungen, um die Flüchtlinge aus den Übergangsunterkünften herauszubringen. Thönnessen: „Das wird eine riesengroße Aufgabe sein. Was wir jetzt machen, ist ein erstes Krisenmanagement in einer Notsituation.“ Gleichzeitig wies der Verwaltungschef darauf hin, dass dieses Thema auch den städtischen Haushalt sowie die politische Diskussion in den kommenden Jahren massiv beeinflussen werde.