Asylbewerber: „Zustand des Wartens belastet die Menschen“
Die Vorsterin Tanja Thelen betreut in Kempen 110 Menschen in drei Unterkünften für Asylbewerber.
Kempen. „Manche Menschen sind unsicher, sogar ängstlich. Andere wiederum wirken schon im ersten Gespräch sehr offen.“ Wenn man die Erfahrungen von Tanja Thelen beim Kontakt mit Flüchtlingen irgendwie zusammenfassen kann, dann vielleicht so. Ansonsten berichtet die 37-Jährige von einer „facettenreichen Arbeit“. Thelen ist beim Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) beschäftigt. Im Auftrag der Stadt kümmert sich die Sozialarbeiterin um die Asylbewerber, die in den drei Einrichtungen in Kempen, St. Hubert-Voesch und Tönisberg untergebracht sind.
Etwa 110 Flüchtlinge aus verschiedenen Krisenregionen, die ihre Heimat verloren haben, sind es derzeit. „Wie in ganz Deutschland ist die Zahl gerade in diesem Jahr angestiegen“, sagt Thelen. So gravierend wie in anderen Kommunen sei der Anstieg in Kempen aber nicht.
Irak, Iran, Syrien, Ägypten, Afghanistan, Guinea, Eritrea, Serbien und Georgien — das ist ein Auszug der Liste der Länder, aus denen die Asylbewerber stammen. „Gerade aus den afrikanischen Ländern kommen viele sogenannte Alleinflüchtlinge“, berichtet Thelen. Das seien meist junge Männer zwischen 18 und 27 Jahren, die von einer besseren Zukunft in Europa träumen.
Einzelne Schicksale zu beschreiben, fällt der Sozialarbeiterin schwer. Es sei sehr vielschichtig, was sie bei ihrer Arbeit erfährt. „Das nehme ich zum Teil auch in Gedanken mit nach Hause“, so die Vorsterin. Dabei kreisten die Gedanken aber eher um die Suche nach Lösungen als um die Schicksale selbst. So habe sie jüngst einen Juristen aus dem Iran dabei unterstützt, wie sein beruflicher Abschluss in Deutschland anerkannt wird.
„Der Zustand des Wartens auf eine dauerhafte Anerkennung in Deutschland belastet die Menschen“, berichtet Thelen. Zum einen wollten die Flüchtlinge unbedingt einen Neustart, zum anderen sei auch die Gefahr der Abschiebung latent vorhanden. „Diese Verfahren können einige Jahre dauern“, ergänzt die Sozialarbeiterin. Schuld daran sei die Überbelastung in den Bundesämtern. Das System stoße an seine Grenzen. „Die Menschen in den Behörden tun ihr Bestes, um Hilfe zu leisten“, versichert Thelen. „Aber mehr geht nicht.“ So entstünde der Eindruck, dass in Deutschland keine Willkommenskultur herrscht.
Erlebnisse mit vielen Bürgern aus Kempen sprechen aber laut Thelen eine andere Sprache: „Gerade in den vergangenen Wochen hatten wir viele Anfragen von Leuten, die helfen wollen.“ Sei es durch persönlichen Einsatz oder durch Kleider- und Sachspenden. „Diese Bereitschaft zur Hilfe ist großartig. Das ist sicher ein Weg, um die Menschen aus der Isolation zu holen.“