Blueskonzert in Kaldenkirchen: Die Schwüle von der Bühne
Anne Haigis und Jens Filser machen Blues zum mitreißenden Kunstgenuss. Stehende Ovationen gab’s in der ausverkauften Galerie.
Kaldenkirchen. Das geht an die Nieren: "Ich schreie um mein Leben", singt Anne Haigis. Und sie schreit. So ergreifend, so anrührend, so gefühlvoll, dass ihr Publikum am Ende des Liedes wie gebannt in Stille verharrt, bevor der Beifallssturm losbricht.
Ein großartiges Konzert von Anne Haigis und Jens Filser am Freitagabend in der Galerie Petra Nostheide-Eycke, veranstaltet vom Kulturkreis der Wirtschaft: Blues aus tiefster Kehle, Akkorde in höchster Vollendung.
"Spürt ihr die Schwüle?", fragt die Haigis ihr Publikum, reißt lachend ihre Kulleraugen auf. Doch so schwül, so feucht die Gewitterluft auch ist an diesem Abend, von der Bühne kommt die richtige Hitzewelle, die schweißtreibende Vibration der Stimmgewalt, das bis in den Unterleib spürbare Beben der Gitarrenrhythmen.
"Can’t let go", seufzt sie. Nein, sie kann nicht loslassen, bittet: "Don’t make me cry", bring mich nicht zum Weinen!
Und weint dabei und wimmert sich in den Himmel glockenklarer Tonlagen, säuselt sirengleich. Um dann abzustürzen in den Keller dumpfen Donners, wo sie kreischt und krächzt, sich rauchig aufreibt in der Gier nach Gefühl.
Haigis’ Gesang, nur selten von einem Hüsteln gestört, packt das Publikum. Hörenswert aber auch ihr Gitarrenspiel, das wunderbar die Saitensprünge des Jens Filser ergänzt.
Der wirbelt auf seiner 12-Saitigen die Soli, als habe er eine Konzertgitarre vor dem Bauch. Treibt wie ein Trommler rasante Rhythmen in wirrem Wirbel zu ekstatischer Erregung, reißt die Haigis mit, beide geben sich wie auf einer Session dem spritzigen Spielspaß hin. Kaum ein Fehlgriff, allerhand.
"Ich bin von vorgestern", scherzt die Schwäbin mit dem Wuschelhaar, singt Beispiele aus ihrer Jahrzehnte langen Karriere. Der Schwerpunkt indes liegt im Blues: "Good Day for the Blues."
Und sie lobt ihr Publikum, das begeistert mitgeht: "Temperamentvoll, die Niederrheiner!"
Das alles in wunderschönem Ambiente. Weiß die Wände und die dünnen Säulen in der Galerie, Kerzen auf der Bühne, das Licht der bunten Scheinwerfer gespiegelt in den Kunstwerken und auf den Bäuchen der Gitarren. So wird die "Nacht aus Glas" von Trude Herr zum mitreißenden Kunstgenuss: "Ich schreie um mein Leben."