Glosse Die Liste der optischen Mängel ist verdammt lang

Weckmann-Backen im Kindergarten — der etwas andere Marktbummel.

Foto: Klingen

Während Sie diese Zeilen lesen, liegt ein einschneidendes Ereignis in meinem Leben gut eine Woche zurück. Wo fange ich nur an? Vielleicht damit, dass mein Sohn Moritz und ich sehr viel Spaß hatten. Und zwar trotz des eher mäßigen Resultats an diesem Samstagvormittag. Ich berichte Ihnen heute über das Vater-Kind-Weckmann-Backen im Kindergarten — der etwas andere Marktbummel.

Ich will gar nicht lange drumherum schreiben. Anhand des Fotos sehen Sie ja, was passiert ist. Die grundsätzliche Form und weitere optische Details lassen nicht wirklich darauf schließen, dass aus der lustigen Backaktion unterm Strich ein Weckmann geworden ist. Der gute Mann ist mittig deutlich zu dick geraten. Dafür sind Beine und Arme nicht wirklich synchron. Und der Kopf? Ach ja, der Kopf. Erkennen kann man nicht wirklich, dass oben das Haupt des Mannes ist. Zudem fehlt die Nase, die Augen sind schief. Kurzum: Die Liste der optischen Mängel ist lang.

Das war auch den anderen Vätern in der Kita-Backstube klar, während sie an Moritz’ und meinem Backblech vorbeischlenderten. Ich spürte die Blicke nach dem Motto „Oh Gott“ oder „Was tut er da seinem Kind an?“. Gesagt hat natürlich keiner etwas. Männer sind da eben nicht so offen. Alle ließen es geschehen und nahmen ihre Kinder und Weckmänner mit nach Hause.

Was Männer sich meist sparen, liefern Frauen dann ohne mit der Wimper zu zucken. Meiner Frau rutschte das „Oh Gott“ heraus, bevor ich meine Jacke ausziehen konnte. Natürlich ohne dass unser dreijähriger Sohn etwas von der Kritik mitbekam. Er erntete ein überzeugendes „Super! Hast du toll gemacht!“.

Zurück zu mir: Beim Anschneiden des weihnachtlichen Gebäcks kam dann auch noch der Härtegrad ans Licht. „Da kannste ja jemanden mit erschlagen“, sagte meine Frau. „Dann her mit dem Ding“, dachte ich und lächelte. Auf die harte Schale folgte dann aber ein weicher Kern. Der Weckmann schmeckte eigentlich ganz gut. Dem musste auch meine Frau zustimmen.

Dass das Männchen wirklich lecker war, teilte ich übrigens auch der Facebook-Gemeinde mit. Einige Stunden vorher hatte ich das Foto des Weckmanns im sozialen Netzwerk gepostet. Es kamen viele freundliche und aufmunternde Kommentare. Ein kleiner Auszug: „Ist das ein Püfferchen oder ein Hühnchen?“ (Danke Stephan!), „Was hast du denn? Die Eule ist doch ganz hübsch geworden“ (Grüße nach München, Matthias!), „Sieht aus, wie das weiße Ding von den Ghostbusters“ (Prima, Torsten!). Und auch die Kollegin Kerstin Reemen mischte sich unter die Kommentatoren: „Ich hätte das Rezept gerne für den nächsten Marktbummel.“

Kein Thema — bitteschön.

Die Zutaten:

250 g Quark

100 g Zucker

300 g Mehl

6 EL Öl

1 Päckchen Vanillezucker

1 Päckchen Backpulver

1 Ei

Rosinen

Deko-Pfeife

Die Vorgehensweise:

Quark, Zucker, Vanillezucker und Öl mit einem Mixer verrühren. Anschließend Mehl und Backpulver sowie — wenn gewünscht — Rosinen nach und nach hinzugeben, während der Teig mit einem Mixer geknetet wird. Wenn der Teig fest ist, wird der Weckmann geformt. Dabei kann ich Ihnen jetzt nicht helfen — das wissen Sie. Am Schluss mit Rosinen und Deko-Pfeife verzieren sowie mit ein wenig Eigelb bestreichen. Dann 20-30 Minuten bei 180 Grad in den Ofen.

So, jetzt wissen Sie, wie es geht. Und jetzt möchte ich Fotos sehen. Schicken Sie Ihre Weckmänner per E-Mail an die WZ: redaktion.kempen@wz.de. Persönlich können die Backwaren an der Moosgasse 6 in Kempen abgegeben werden. Die schönsten Fotos drucken wir in der Zeitung ab. Sie brauchen sich für nichts zu schämen. Das tu ich auch nicht. Und das wichtigste zum Schluss: Meinem Sohn war die Ästhetik unseres Werkes völlig egal. Moritz war stolz wie Oskar — und ich auch.