Die Musikkneipe Stradivari bleibt geschlossen
Werner Kutscher und seine Lebensgefährtin Heike Krust haben sich gestern als Wirte zurückgezogen.
Kempen. Mit Beginn des neuen Jahres ist gestern ein Stück Kempener Kneipengeschichte zu Ende gegangen. Bei einer privaten Abschiedsparty haben Stradivari-Wirt Werner Kutscher und seine Lebensgefährtin Heike Krust zahlreichen Gästen „Tschüss“ gesagt.
Sieben Jahre lang hat das Paar die Musikkneipe an der St. Huberter Straße 20 betrieben. Zum Ende dieser intensiven, wenn auch relativ kurzen Gastronomie-Ära sprach die WZ mit dem Vollblutgastwirt und seiner besseren Hälfte.
„Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Ich schließe den Laden mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, sagt Kutscher. „Aber es geht nicht anders, aus gesundheitlichen Gründen“, fügt Krust hinzu. Beide haben stets ihr Herzblut in den Betrieb des Lokals gesteckt — und das, obwohl dies „nur“ Hobby war.
Kutscher ist gelernter Industriekaufmann und verdient sein Geld als selbstständiger Blumengroßhändler. Nebenbei sammelte er Erfahrung als Gastronom, die Musik war immer schon seine große Leidenschaft. „Ab 1979 waren Freunde und ich mit der ‘ZDF-Hitparade Playback-Show´ 15 Jahre lang an den Wochenenden bundesweit unterwegs“, sagt er. Bis heute steht er als „DJ Werner“ an den Plattentellern, unter anderem beim Oktoberfest auf dem Mengelshof.
Mit zwei Freunden eröffnete Kutscher im Oktober 1998 „Das Trio“ am Bahnhof, bald schon eine Kult-Kneipe für Tanz- und Musikbegeisterte. Nach einem Zwischenstopp in Hüls („Duo“, 2005-2006) bekam er Ende Oktober 2007 von Wirtin Renate Eymael die Schlüssel vom Haus Berg überreicht. Es folgte der Umbau zum Stradivari, an den Wänden des Saals sorgen seit 2008 Akustikplatten für die von Musikern und Gästen geschätzte Akustik.
Auf der Bühne standen namhafte Musiker wie Chris Kramer, Martin Engelien (der Krefelder Bassist gastierte mit seiner „Go Music“-Reihe und Top-Stars regelmäßig in Kempen), Leo Hormes und Mitglieder vom Bluesclub Niederrhein. Mit der Zeit entstanden viele Freundschaften: „Der letzte Musiker-Treff war sehr gefühlvoll. Da haben einige geweint — die Zukunft des Treffs ist ungewiss“, sagt Kutscher. 13 Kegelclubs hoffen, dass sie weiter im Haus an der St. Huberter Straße zu Gast sein dürfen.
„Es ist schön für uns, dass gegen Ende noch einmal alle zu uns gekommen sind, die man so kennt und im Laufe der Stradivari-Zeit kennengelernt hat“, bilanziert der Gastronom. Mit dem Eigentümer ist vereinbart, dass bis zum 15. Januar alles raus ist. Die Beschriftung verschwindet, einiges landete bereits auf dem Sperrmüll.
„Da sich sehr viel angesammelt hat und das Interieur mir gehört, verkaufe ich einiges im Internet“, sagt Kutscher. Außerdem sei ein Trödel angedacht, sagt er. Sich treu geblieben ist der sympathische Kneipier dabei immer. Sein Lieblingsmusiker Udo Lindenberg hat passend dazu gesungen: „Und ich mach’ mein Ding . . .“