Thomas von Kempen wurde am 25. Juli 1471 geboren Ein Stadtspaziergang zum Thomastag
Kempen · Pfarrer Michael Gallach stellte Textpassagen aus Thomas von Kempens „Nachfolge Christi“ vor.
Was haben die Sparkasse, ein nicht mehr existentes Fitnessstudio oder der Georgsbrunnen mit Thomas von Kempen zu tun? Und was hat uns heute das Werk dieses spätmittelalterlichen Mönchs, der seine Mitbrüder zur Frömmigkeit mahnte, noch zu sagen? Antworten auf diese Fragen erhielt, wer sich am Sonntag der vom Thomasverein ausgerichteten und von Pfarrer Michael Gallach von der Evangelischen Kirchengemeinde organisierten Führung der etwas anderen Art durch die Altstadt anschloss: kein Rundgang auf den historischen Spuren, die der große Sohn der Stadt hier hinterlassen hat, sondern eine Art Open-Air-Lesung, bei der Auszüge aus Thomas‘ berühmtem Hauptwerk an verschiedenen Orten der Altstadt vorgetragen wurden. Die Botschaft: Thomas ist auch mitten im Trubel unserer eigenen Zeit aktuell, da er die zeitlose Frage nach dem guten Leben stellte – auch wenn er uns dabei zuweilen starken Tobak serviert und nie zögert, menschliche Schwächen anzuprangern.
Nach dem Start am Thomas-Denkmal auf dem Kirchplatz führte Gallach den kleinen Tross auf die Südseite der Propsteikirche vor die Kreuzigungsgruppe, die aufgrund von Bauarbeiten verhüllt ist. „Wie bei Christo“, kommentierte Gallach schmunzelnd und schlug den Bogen zu Thomas und seinen Gedanken zu den leidvollen Erfahrungen, die ihm zufolge notwendig zum Leben dazugehören. Thomas‘ Ratschlag: „Trägst du gerne das Kreuz, so trägt das Kreuz auch dich“.
An der folgenden Station am Rathaus vernahmen die Zuhörer seine Empfehlung: „Baue nicht allzu sehr auf deine Ansichten, sondern vernimm gerne die Meinung anderer. Andern nicht nachgeben wollen, wenn gute Gründe dafür sprechen, zeugt von Hochmut und Hartnäckigkeit“ – ein Plädoyer für einen offenen Diskurs und die Bereitschaft, den eigenen Standpunkt zu überdenken, der sicherlich dem politischen Leben auch unserer Tage gut zu Gesicht stünde.
Ein launiges Finale boten
die letzten beiden Stopps
Angesichts des fröhlichen Treibens auf dem Buttermarkt stimmte Thomas‘ Überzeugung nachdenklich, dass alles Irdische uns nicht an sich glücklich macht, sondern nur durch den Wert, den wir ihm beimessen. Direkt am Georgsbrunnen bot das Plätschern des Wassers eine optimale akustische Unterstützung, um die von Thomas geforderte Versenkung in unser Inneres zu erreichen.
Ein launiges Finale hatten die letzten beiden Stopps in petto: Zunächst vor der Sparkasse an der Orsaystraße Thomas‘ Hinweis, dass es „eitel ist, vergänglichem Reichtum nachzujagen und darauf seine Hoffnung zu setzen“, und schließlich am ehemaligen Standort eines Fitnessstudios im Klosterhof die Erkenntnis: Geschäfte kommen und gehen in Kempen, aber Thomas und seine Einladung zur geistlichen Fitness, die uns inneren Frieden bringen und zu besseren Menschen machen soll, bleiben: „Sei nie ganz untätig, sondern lies, oder schreibe, oder bete, oder betrachte“. Gallachs Ermutigung an das angetane Publikum: „Lesen Sie Thomas und aktualisieren Sie ihn für
sich.“
Der Spaziergang war der Abschluss einer Reihe von Veranstaltungen, mit der am Sonntag des Todestages Thomas von Kempens (25. Juli 1471) gedacht wurde. So berichteten am Vormittag fünf Kempenerinnen und Kempener im restlos gefüllten evangelischen Gemeindesaal über ihren ganz persönlichen Thomas-Bezug. Darüber hinaus war das Thomas-Archiv im Kulturforum für Besucher geöffnet.