Erziehung: Mit Gefühlen gegen die Wut

Das Programm „Faustlos“ soll helfen, in Kindergärten Gewalt zu verhindern.

Lobberich. Gewalt wächst schnell: Sabine klaut Sebastian die Mütze- und der langt ihr eine. "Aus dieser Wechselbeziehung kann eine Spirale der Aggression entstehen", mahnt der Psychologe Andreas Schick. Das Opfer Sebastian werde so zum Täter und die Täterin Sabine zum Opfer. Damit Aggression unter Kindern sich nicht später zu Gewalt unter Jugendlichen und Erwachsenen auswächst, soll das Projekt "Faustlos" schon in Kindergärten vorbeugen helfen. "Faustlos" wurde am Montagabend rund 50Erziehern und Lehrern aus Nettetal vorgestellt.

"Nicht warten, bis sich Gewalt verhärtet, Friedenserziehung setzt vorher an", erklärte Psychologe Schick vom Heidelberger Präventionszentrum. "Als Familientherapeut weiß ich: Es muss sehr viel passiert sein, bis jemand endlich zum Psychologen geht. Wir sollten vorbeugen, damit erst gar nichts passiert."

Und das geht so: Jungen und Mädchen lernen spielerisch, dass Gewalt im Miteinander nichts zu suchen hat. Gefühle spielen dabei eine große Rolle: Die eigenen Gefühle und die der anderen wahrzunehmen, darauf baue "Faustlos", so Schick. Kinder lernen, gewaltfrei mit Ärger und Wut umzugehen: "Ängste und Aggressionen gehen zurück, Kinder sind fitter, um festzustellen, wie sich jemand fühlt."

Das bestätigte Andreas Zorn vom DRK-Familienzentrum Lobberich: "Wir arbeiten bereits erfolgreich mit dem Konzept." Das Programm läuft zunächst für ein Jahr. Die Handpuppen Wilder Willi und Ruhiger Schneck dienen als Medien - Friedenserziehung soll Spaß machen.

Die Kosten für Materialien und Schulungen übernimmt die Nettetaler Sparkassenstiftung. Im Mai 2009 werde das Kuratorium beraten, ob auch Grundschulen gefördert werden, teilte Jochem Dohmen von der Sparkasse Krefeld mit. Enttäuscht zeigten sich einige Lehrer, die "Faustlos" gern schon jetzt einsetzen würden.

Was aber halten Kinder von "Faustlos"? Schick zeigte Briefe: "Wir lernen, dass man mit einer Faust nichts anfangen kann", schrieb Samantha. Und Shantee: "Ich lerne, dass ich nicht schlagen soll, sondern ignorieren." Samantha und Shantee würden wohl, anders als in Schicks Beispiel von Sabine und Sebastian, niemandem mehr die Mütze klauen.