FDP: Das Projekt Kadagies

Nach seinem Austritt blickt der Ex-Parteichef nach vorn. Er will eine unabhängige Wählergruppe gründen.

Kempen. Udo Kadagies ist aufgewühlt, er spricht schnell, gestikuliert wild mit seinen Händen. Auch drei Tage nach seinem Austritt aus der FDP ist der Mann, der 13 Jahre lang Chef der Liberalen in Kempen war, mitgenommen.

Am Montagabend hatte er beim Parteitag für alle Mitglieder überraschend die Brocken hingeschmissen.

"Ich kann wieder ruhig schlafen", erklärte er am Donnerstag auf dem von ihm einberufenen Pressetermin im Burg-Café. "Auch wenn es mir schwer gefallen ist, der Austritt war eine Erleichterung." Ruhig schlafen konnte er nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten nicht mehr.

Interne Querelen bis hin zu "Mobbing" nannte er erneut als Gründe für seine Flucht aus der FDP. Namen wollte er aber auch am Donnerstag nicht nennen. "Ich will keine Schlammschlacht. Ich möchte nur meine Ratskollegen Christel Scommoda und Heinz-Werner Giesen von meiner Kritik ausnehmen."

Über seine Schwester Irene Wistuba, die seit fast zehn Jahren mit ihm für die FDP im Rat sitzt, wollte er nicht viele Worte verlieren. Zwischen den Zeilen erkennt man, dass das Verhältnis zwischen den Beiden nicht mehr das beste ist.

Trotz der Parteiquerelen, die immer noch an ihm nagen, blickt Kadagies aber nach vorn. Er wird der politischen Bühne Kempens wohl erhalten bleiben. "Ich führe derzeit Gespräche mit vielen Leuten. Es steht eine Art ,Unabhängige Wählergruppe’ zur Debatte", erklärte der 50-Jährige. "Das wird aber auf keinen Fall eine Partei", stellte er klar. Damit habe er abgeschlossen.

"Interne Parteikämpfe möchte ich nicht mehr haben." Vielmehr solle das neue "Projekt" - wie Kadagies selbst seine Pläne beschreibt - eine unabhängige Gemeinschaft sein, "in der jeder seine Meinung sagen darf - ohne Fraktionszwang". Dass die Kempener Unabhängigen bei der Kommunalwahl im Juni 2009 antreten, hält Kadagies für "realistisch".

Ein Vorbild könnte die Unabhängige Wählergemeinschaft Tönisvorst sein. Die UWT sitzt schon seit 1989 im Rat der Nachbarstadt. Bei der letzten Wahl holte sie 19 Prozent der Stimmen.

In den nächsten Wochen will er mit Interessierten Gespräche führen. "Das müssen keine FDP-Leute sein", auch wenn der Kempener davon ausgeht, dass es nach ihm weitere Austritte bei den Liberalen geben wird. Vier der 40 Mitglieder spielten mit dem Gedanken.

Potenzial für die unabhängige Gemeinschaft sieht Kadagies vor allem bei den Nichtwählern. "Leute, die vom politischen System gefrustet sind", erklärt der gebürtige St.Töniser. Wie er selbst auch: "Ich kann mich nicht mehr mit den Mandatsträgern identifizieren." So hätten ihn auch Entscheidungen der Landes- und Bundes-FDP zum Austritt bewogen.

Und was wird aus der Kempener FDP? Dort sortiert man sich nach dem Paukenschlag vom Montag. "Wir wurden von Herrn Kadagies’ Entscheidung aus heiterem Himmel getroffen", sagte Christel Scommoda am Donnerstag.

Von Querelen ist ihr nichts bekannt: "Es gab keine Anzeichen." Ab Januar wird sie den Fraktionsvorsitz von Kadagies übernehmen. "Auch bei der nächsten Wahl werde ich auf der Kandidatenliste stehen", so die 72-Jährige. Dort werde sie aber einigen Jüngeren den Vortritt lassen.

Kadagies’ Frau Gisela, Fraktionsgeschäftsführerin, ist inzwischen auch aus der Partei ausgetreten. "Bis Dezember werden die Geschäfte aber ordentlich geführt. Wir machen einen sauberen Schnitt", verspricht Udo Kadagies. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird er als "Fraktionsloser" im Rat bleiben: "Das bin ich meinen Wählern schuldig."