Kempen Figuren: Museum oder Kirche?

Die einst gestohlenen Kunstwerke sind wieder in Kempen. Ihr künftiger Standort steht aber noch nicht endgültig fest.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Wer sich die Beutestücke aus einem der kuriosesten Kunstdiebstähle am Niederrhein mal aus nächster Nähe ansehen möchte, hat dazu ab Sonntag Gelegenheit. Das städtische Museum und die katholische Kirchengemeinde zeigen jene Holzschnitzarbeiten, die um 1970 aus der Kirche St. Mariae Geburt verschwunden waren — und im vergangenen Jahr auf dem Gelände des Klosters Maria Laach in Rheinland-Pfalz wieder aufgetaucht sind. Was in den dazwischen liegenden 45 Jahren mit ihnen geschehen ist, liegt weiterhin im Dunkeln. Wer ist der Täter? In welchen Wohnzimmern haben die entwendeten Kunstwerke möglicherweise gestanden? Warum wurden sie, nach Jahrzehnten, heimlich ins Kloster gebracht? Auf alle diese Fragen gibt es, trotz umfangreicher kriminalpolizeilicher Ermittlungen, keine Antworten.

Offenbar wurden die fünf Figurengruppen, von Antwerpener Meisterhand um 1500 geschaffen, von ihren unrechtmäßigen Besitzern aber recht gut gepflegt. Davon konnte sich die Öffentlichkeit im Rahmen eines Pressetermins gestern im Museum ein Bild machen. Zwar fehlen einige Details (unter anderem der halbe Rosenkranz eines Apostels und der Stock eines Steckenpferdes von Marias Neffen), doch im Großen und Ganzen machen die etwa Unterarm-großen Figuren einen passablen Eindruck. Dass sie, wie es heißt, über die Mauer des Klosters geworfen wurden, scheint daher mehr als fraglich.

Gleichwohl sollen sie im Frühjahr von einem Profi begutachtet und restauriert werden. Drei Monate sind dafür eingeplant. „Verschiedene Restauratoren können nun Kostenvoranschläge bei uns einreichen“, erklärt Museumsleiterin Elisabeth Friese. Nach WZ-Informationen würden die Kosten vermutlich bei etwa 10 000 Euro, auf jeden Fall aber im niedrigen fünfstelligen Bereich liegen.

Die Verantwortlichen hoffen auf Spenden und Patenschaften aus der Kempener Bürgerschaft. Eine entsprechende Sammelbüchse steht bereits unübersehbar im Sonderausstellungsraum im ersten Stock des Museums.

Und wo sollen die fachmännisch überholten Kunstwerke künftig stehen? Laut den gestrigen Aussagen von Friese und Propst Thomas Eicker ist noch überhaupt nicht endgültig geklärt, ob die Figuren aus dem Spätmittelalter wieder an alter Stelle, also im Kreuzaltar der Propsteikirche, eingesetzt werden. „Denkbar wäre auch, alles so zu lassen, wie es ist, und die Originale im Museum auszustellen“, so Eicker.

Die entwendeten Gruppen waren seinerzeit durch Nachbildungen des Künstlers Wilhelm Hable ersetzt worden. Eicker: „Was machen wir mit diesen Figuren, die 46 Jahre treu ihren Dienst verrichtet haben?“ Diese Ersatz-Figuren aus den 70er-Jahren wurden jedenfalls bereits entfernt. Sie stehen nun unter ihren Vorbildern in Glasvitrinen. Die Flügel des Kreuzaltars sind derzeit geschlossen, der Verlust fällt also den Kirchenbesuchern nicht auf. Was auch der Laie im direkten Vergleich erkennt: Vor allem die Details der Originale — Gesichtszüge, Gewänder und Hände — wirken deutlich feiner als bei den wuchtigeren Nachfolgern.

Die Gruppen gehören zu folgenden Altarszenen: Beschneidung Christi, die „heilige Sippe“ und der Tod Mariens.