Gasleitung Zeelink wirft viele Fragen auf

Bei einer Versammlung ging es unter anderem um die Eingriffe in die Natur. Vertreter des Konzerns Open Grid stellten sich den Fragen in Kempen.

Gasleitung Zeelink wirft viele Fragen auf
Foto: Open Grid Europe

Kempen. Es war eine lange, aber sachliche Diskussion im evangelischen Gemeindezentrum an der Wachtendonker Straße. Es ging um die neue Erdgasfernleitung Zeelink. Und insbesondere darum, welche Auswirkungen eine Trassenführung für das St. Huberter Naturschutzgebiet „Tote Rahm“ hat. Vielen kritischen Fragen stellten sich drei Mitarbeiter des Energiekonzerns Open Grid Europe: André Gassmann, Wilm-Thomas Korthauer und Carsten Schulze. Etwa 40 Gäste waren der Einladung des Naturschutzbundes (Nabu) Kempen-St. Hubert-Tönisberg gefolgt.

„Wir gehen da hochsensibel ran. Sie brauchen keine Sorge haben, dass die St. Huberter Naturschutzgebiete, insbesondere die ,Tote Rahm’, leerlaufen.“ Dies sagte der stellvertretende Projektleiter André Gassmann. Man war gerade nach vielen allgemeinen Erörterungen an der Toten Rahm angelangt. An einem Naturschutzgebiet, durch das die neue Rohre mit dem flüssigen H-Gas auf dem Weg durch NRW führen werden. Insgesamt verläuft eine Strecke von rund 27 Kilometern durch den Kreis Viersen.

André Gassmann, Open Grid Europe

Gassmann und sein Trassenplaner Carsten Schulze hatten kurz zuvor ausgeführt, dass man keine großen Eingriffe in dieses Naturschutzgebiet zwischen Stendener und Tönisberger Straße vornehmen werde. So soll dort die geplante Pipeline nicht in der offenen Graben-Bauweise errichtet werden. Vielmehr wolle man diese auf einer Strecke von rund 70 Metern unterirdisch unter dem Feuchtbiotop verlegen, greife also die Oberfläche nicht an.

„Aber das heißt doch, dass, wenn rechts und links an den Schnittstellen der offenen und unterirdischen Bauweise Löcher entstehen, Sie dort das Grundwasser abpumpen müssen?“, frage ein St. Huberter. Gassmann bestätigte dies. Man brauche für den Ausbau eine trockene Grube, will aber sicherstellen, dass dafür kein Grundwasser größeren Ausmaßes abgepumpt werde. Zu dieser Art des „bergmännischen Vortriebs“ kamen generell keine großen Gegenreden.

Die Experten des Energiekonzerns sprachen eingangs von der dringenden Notwendigkeit der Umstellung von L- auf das H-Gas, das in speziellen Stahl-Rohren von einem Meter Durchmesser von Zeebrügge (Belgien) bis ins etwa 215 Kilometer entfernte Münsterland geführt werde.

Landwirt aus St. Hubert

„Warum aus Belgien? Viel Gas kommt doch aus Russland oder Skandinavien? Und warum kann man die alten Gas-Trassen nicht nutzen?“ Das waren einige der Fragen. Gassmann führte dazu aus, dass in Belgien das Flüssiggas unter anderem aus Afrika und Arabien ankomme. Dieses zusätzliche Gas brauche man dringend, um den Auftrag zu erfüllen. So soll die Pipeline Anfang 2021 in Betrieb gehen und etappenweise rund fünf Millionen Kunden in NRW mit etwa sechs Millionen Gasgeräten versorgen. Die alten Leitungen brauche man also erst einmal weiter.

Für die Verteilung des Flüssiggases sorgen Regel-Anlagen in Stolberg, Glehn, St. Hubert und Legden. Erwähnt wurde weiter, dass man für die Verlegung der Rohre anfangs einen sogenannten Regelarbeitsstreifen von 34 Metern brauche. Der Schutzstreifen, der danach nicht mehr überbaut werden dürfe, betrage weitere zehn Meter.

„Ist denn das alles überhaupt sicher?“ Auf diese Frage antwortete Gassmann „Ja“, zumal es eine Menge von Sicherheitsvorkehrungen gäbe und regelmäßige Druck-Überprüfungen erfolgen würden. Er fuhr fort: „Der Konzern hat mittlerweile ein Rohrnetz in einer Gesamtlänge von rund 12 000 Kilometern verlegt. Einen Toten hat es bisher nicht gegeben.“

Die jeweiligen Korridore und Trassen würden im Vorfeld vom Kampfmittelräumdienst untersucht. Und es gäbe als Ersatz für die Eingriffe in die Natur „mehr als ausreichende Ausgleichsflächen“, die man noch begrünen werde.

Die Vertreter von Open Grid Europe sprachen im Laufe des Abends davon, dass es bei der Bereitstellung der Flächen durch die jeweiligen Eigentümer keine großen Schwierigkeiten gäbe. Das sah aber ein betroffener Landwirt aus St. Hubert ganz anders. Sein verärgerter Kommentar bei der Versammlung im Gemeindezentrum: „Ich lehne den Verkauf ab. Mir hat man schon gedroht, dass ich dann mit einer Enteignung rechnen muss.“