Halbfastenmarkt in Kempen Endlich wieder Halbfastenmarkt

Kempen · Schönstes Frühlingswetter lockte die Menschen zum Halbfastenmarkt am Dienstag in die Kempener Altstadt. Nach drei Jahren Zwangspause nutzten viele die Gelegenheit, endlich wieder zu schauen, zu suchen und nützliche und schöne Dinge für Haus und Garten zu erwerben.

Der Halbfastenmarkt in Kempen bot ein vielfältiges, klassisches Angebot – unter anderem auch diese Besenauswahl.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Echtes Einkaufen statt Surfen im Netz. Ansehen und Anfassen von Ware, dazu ein kleiner Plausch und ein leckerer Imbiss – das bieten seit Jahrhunderten die traditionellen Krammärkte, wie der Halbfastenmarkt in Kempen. In der ganzen Altstadt reihten sich die Stände aneinander – dicht an dicht, etwa auf dem Buttermarkt., manchmal aber auch mit Lücken wie auf der Peterstraße.

Am Stand von Joachim Wolnik auf dem Studentenacker werden Stahlwaren angeboten. Er kommt seit gut 20 Jahren aus Gelsenkirchen nach Kempen. Er schwört auf Qualitätswaren wie bei den Messern aus Solingen. „Ich kann meinen Kunden immer in die Augen gucken“, sagt er. Gerade hat eine ältere Dame aus Kempen bei ihm einen Sparschäler gekauft. „Die werfe ich mal ganz gerne mit den Kartoffelschalen weg“, erzählt sie. Sie ist recht früh unterwegs, große Menschenmengen seien ihr zu stressig, berichtet sie. Bereitwillig öffnet sie ihren Einkaufskorb und zeigt ihre bisherige Ausbeute. „Das ist ein Gürtel. Und das eine anständige Kleiderbürste aus Rosshaar. So eine habe ich schon lange gesucht“, erzählt sie.

Messer, Körnerkissen oder
doch die richtige Pfanne?

Birgit und Hans-Gerd Schumacher aus Hinsbeck suchen und finden „Schmiermesser“. Scharf und spülmaschinenfest sollen sie sein. Ein Stückchen weiter werden am Stand von Familie Wilberg aus Bottrop selbst genähte Körnerkissen, gefüllt mit einer Weizen-Dinkelmischung, verkauft. Je nach Problemzone, etwa Nacken oder Schulter, sind sie speziell zugeschnitten.

Am Pfannenstand mit Granitpfannen an der Ecke Peterstraße brutzeln Bratkartoffeln mit Speck vor sich hin. Standinhaber Peter kommt seit zehn Jahren nach Kempen und lobt ausdrücklich die unkomplizierte Zusammenarbeit mit der Stadt: „Ich finde, das ist ein sehr sehr schöner Markt – und sehr stressfrei“, sagt er. Seit 40 Jahren geht er seinem Beruf nach. „In den letzten beiden Jahren haben wir sehr gelitten“, sagt er. Soforthilfen habe er nicht in Anspruch genommen.

Am Eingang zum Buttermarkt gibt es Haushaltstücher in allen Variationen. Auch dieser Stand von Familie Philipp aus Recklinghausen blickt bereits auf eine lange Tradition zurück. „Schon meine Eltern waren Marktbeschicker“, erzählt die Dame am Stand. Sie vertritt heute gemeinsam mit ihrer Tochter den erkrankten Schwager. Nach der langen Zwangspause habe man den Markt nicht erneut ausfallen lassen wollen.

Am Stand mit den großen Rollen von Wachstüchern steht ein älteres Ehepaar. Sie sind extra aus Schiefbahn angereist. Kurios ihre Informationsbeschaffung: Diesmal hatten sie große Zweifel, ob der Markt in Kempen überhaupt stattfindet. „Da habe ich einfach ins Telefonbuch geschaut und eine Nummer in Kempen angerufen“, erzählt die Dame. „Ich kannte die Leute nicht, aber die Adresse war am Buttermarkt“, so ihre Schilderung. Und dass die angerufene Teilnehmerin sehr freundlich gewesen sei und ihr Auskunft gegeben habe. Auch einige Meter weiter wird darüber diskutiert, ob zu wenig Werbung für den Markt gemacht worden sei. „Ich habe sehr vielen Leuten persönlich Bescheid gesagt, dass der Markt stattfindet“, erzählt die Inhaberin des Bekleidungstands Bertel aus Neersen.

Auf eine beeindruckende Tradition blickt der Stand der Gerberei Vill zurück. „Unseren Betrieb gibt es seit 1810, in der siebten Generation“, erzählt Patrick Vill, der heute gemeinsam mit seiner Schwester Jessica in Kempen ist. Ihr Betrieb aus Horstmar in der Nähe von Münster gehört zu den ältesten Gerbereien in Deutschland. Da gibt es kuschelige Lammfelle und Wollsocken. Die Fahrradsattel aus Lammfell sind handgenäht. Niedlich sind die von Jessica Vill selbst genähten winzigen Lauflern-Lederschühchen für Babys.

Eher pessimistisch blickt Familie Winkler aus Dülmen an ihrem Gardinenstand in die Zukunft. „Wir haben keinen Nachfolger, wollen aber noch so lange weitermachen, wie es die Gesundheit zulässt“, sagen sie. Dabei sei das Einkaufen auf einem Markt viel nachhaltiger als Bestellungen im Internet, geben sie zu bedenken.

Alexander Kluck aus Niederkrüchten ist da schon optimistischer. Er verkauft große und kleine Bürsten, Besen, Staubwedel und Co. Vieles ist aus Naturmaterialien hergestellt, wie die Staubwedel aus Holz und Straußenfedern oder die Besen aus Reisig. Er, seit 36 Jahren auf Märkten zuhause, sieht eine Zukunft für seine Branche, gerade weil viele Haushaltswarengeschäft und sonstige Einzelhandelsläden schließen. „Leider wird im Moment alles teurer, das ist unser nächstes Problem“, sagt er.