Kempen „Hast du Mario Götze in glitzernd?“

Panini und Co: In der Kempener City stand an der "Rollenden Redaktion" die Sammelleidenschaft im Mittelpunkt.

Foto: Achim Hüskes

Kempen. Es ist eine hochprofessionell erstellte Liste, die Silke Otten-Lücke in Händen hält. Sie zeigt in unterschiedlichen Farben, welche Sammelkarten ihrem Sohn Lars noch fehlen. „Mama?“, fragt der Zehnjährige. „Brauche ich noch die 30 in glitzernd?“ Ja, braucht er. Lars freut sich riesig über den Volltreffer. Die gesuchte Karte im Disko-Look zeigt Mario Gomez. Niklas Klingen (8) aus Mülhausen braucht den Star der WM in Brasilien. „Hast du Mario Götze in glitzernd?“, fragt er seinen Tauschpartner. Und: „Hast du vielleicht den Rüdiger zweimal?“ Gemeint ist Anton Rüdiger, der aufgrund einer Trainingsverletzung aus dem deutschen Aufgebot gestrichen werden musste.

Foto: Reemen

Der Aufruf der WZ sorgte Freitagnachmittag — trotz des parallel laufenden Spiels Italien gegen Schweden — für einen kleinen Menschenauflauf in der Kempener City. Kleine (und große) Sammler, Kinder, Eltern und Großeltern kamen zum WZ-Mobil vor Tchibo, um Sammelbildchen von Panini, Rewe und Co. zu tauschen und über Fußball im Allgemeinen und die EM im Besonderen zu fachsimpeln.

Foto: Friedhelm Reimann

Annemie Knops sucht für ihren zwölfjährigen Enkel Julian Stoffens, der leider nicht selbst kommen kann. Kennt sie sich denn mit den Rewe-Karten aus? „Notgedrungen“, sagt die Großmutter, lacht und klappt das mitgebrachte Rewe-Sammelalbum auseinander. 19 Glitzer-Karten fehlen noch. „Die sehen schöner aus, als die matten Karten.“

Richard Siela (auch „Opa Ritchie“ genannt) hat seinen Enkel Finn-Luca (6) mit der Sammelleidenschaft angesteckt. Finn-Lua ist Fan von bastian Schweinsteiger und Mario Gomez. Die beiden hat er schon. Akribisch durchforsten sie das große Karten-Angebot auf den Stehtischen nach Spielerfotos, die sie noch nicht haben. Von den rund 680 karten fehlen ihnen noch 115. Melanie, Finn-Lucas vierjährige Schwester hält sich zurück. Sie steht mehr auf Sticker von „Elsa, der Eiskönigin“. Am Ende der Tauschaktion haben sie drei neue Karten au´s den Stapeln gefischt: Ross Berkley aus England, Steven Davis, Nordirland, und zwei Ukrainer auf einer Karte können sie nun von der Liste streichen.

Etwas schüchtern tritt Maged an den Tisch. Der elfjährige Junge aus Syrien möchte nur eine einzige Karte: Mario Götze.

Daniela van Thiel ist für ihren Sohn Leon (12) gekommen, der wegen eines Fußballturniers in St. Hubert verhindert ist. Sie hat viele „Doppelte“ dabei. Nils Bollow hat Glück: Der Achtjährige braucht die 33 und die 31 und findet beide innerhalb von Sekunden.

Nicht nur Kinder sammeln: Eine Kempenerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, bekommt dank der WZ-Aktion alle Rewe-Karten zusammen.

„Ich habe meine schlauen Zettel dabei“, sagt Renate Derks und breitet die drei handbeschriebenen Notizblätter aus, auf denen sie alle Zahlen der Panini-Karten notiert hat, die ihrem Enkel Manuel (20) noch fehlen. Der Enkel arbeitet noch. So sortiert die beauftragte Oma nun die Doppelten der anderen. Nach Durchsicht aller Karten strahlt sie: „Gute Ausbeute. Mein Enkel hat heute Abend Arbeit.“

Kathrin Korn schlendert mit ihren Söhnen Linus (fast sechs Jahre alt) und Julius, 4, über die Engerstraße. Die Jungs sammeln selbst nicht, nehmen aber gern für Freunde einige Panini-Karten mit. Julius, der ein Fan von Mats Hummels ist, steckt sich einen Stapel in die Hosentasche. Linus hat ein Auge auf ide stabilen Fußballkarten von Rewe geworfen. Mit denen könnte sich der Reus-Fan vielleicht eine Mannschaft bauen.

Ein Spiel der deutschen Mannschaft bei der EM haben die beiden bisher nicht live sehen können. 21 Uhr ist zu spät. „Aber“, sagt ihre Mutter Kathrin, „wir haben uns die Tore des ersten Spiels an nächsten Tag im Internet angesehen.“

„Fehlt mir, fehlt mir, hab’ ich. . .“ Niklas Klingen schaut noch einen Stapel durch, dann schließt er den Deckel seines Sammelkartons. Einige neue Karten hat er bekommen. Match Attax-Karten, von denen er etliche hat, konnte er nicht tauschen. Enttäuscht ist Niklas aber nicht. Zumal sein Opa Hans-Josef ihm bei Schreibwaren Beckers neben Tchibo noch ein paar Panini-Tütchen spendiert.

Thomas Schilder sammelt seit der Kindheit „nur klassisch Panini“. Seine Frau hilft ihm bei der Suche mittels Excel-Tabelle. „Ich kann besser gucken“, sagt Martina Schilder. Sie liest vor, er vergleicht die Zahlen auf dem Papier.

Nachdem die beiden alle doppelten Panini-Karten der WZ und die von Daniela van Thiel durchgesehen haben, strahlt Thomas Schilder: „Das hat sich wirklich gelohnt.“ Die drei Sammler stehen noch zusammen, als die Rollende Redaktion der WZ nach mehr als einer Stunde bereits Tisch und Schreibblock einpackt.