Herzlichen Glückwunsch, altes Haus!

Das Kempener Rathaus wird 50. Was Sie über das Gebäude wissen müssen im Überblick.

Foto: Heyer/Stadtarchiv Kempen/Repro: Lübke

Kempen. 50 Jahre - das ist ja kein Alter. Erst recht nicht für ein Gebäude. Ein schönes Jubiläum ist es trotzdem: Das Kempener Rathaus wird morgen 50. Am 21. Mai 1967 wurde das Gebäude mit einem großen Volksfest eingeweiht. Stadtverwaltung und Rat hatten nach einigen Jahren der „Wanderschaft“ endlich wieder ein eigenes Dach über dem Kopf.

Foto: Heyer/Stadtarchiv Kempen/Repro: Lübke

Das erste Rathaus am Markt stand zwischen den heutigen Häusern Buttermarkt 2 und 3 und teilte sich den Standort mit dem Gericht des Amtes Kempen. Durch einen Torbogen konnten die Gläubigen zur Kirche gehen. Doch das Gebäude kam in die Jahre, 1753 stürzte es wegen Baufälligkeit ein.

Zuvor hatte der Rat in der Stadtwaage Platz für seine Zusammenkünfte gefunden - nur wenige Meter entfernt. Das markante Gebäude mit seinem vorgesetzten Arkadengang war das Wahrzeichen des Marktplatzes. Als Rat und Verwaltung mehr Platz brauchten, zog der Wiegemeister um die Jahrhundertwende aus.

Als Kempen, Schmalbroich und St. Hubert 1936 zum „Amt Kempen“ zusammengeschlossen wurden, wurde es zu eng im Rathaus am Markt. Daher zog die Verwaltung 1938 in das Haus Herfeldt an der Engerstraße, das aber im Krieg zerstört wurde. Auch das Rathaus am Markt wurde durch zwei Luftangriffe stark beschädigt.

Nach heftigen Debatten im Stadtrat stimmte man mehrheitlich für den Abriss.

Für die Stadtbediensteten boten die Villa Horten bis 1962 und danach das alte Arbeitsamt an der Wiesenstraße Unterschlupf. Über den richtigen Standort für einen neuen Verwaltungssitz wurde lange und engagiert diskutiert. Auch das Franziskanerkloster war im Gespräch.

In der Stadtratssitzung am 29. Oktober 1960 stimmte die Mehrheit gegen die Stimmen der SPD für einen Neubau am Marktplatz. Der Dreiklang Markt - Rathaus - Kirche sollte wiederhergestellt werden. 1964 gingen die Bauarbeiten mit dem Abbruch der Stadtwaage los. Der Entwurf für das neue Rathaus stammte von den Architekten Heinz Döhmen aus Viersen und Heinz Cobbers aus Kempen. Für den damals 34-jährigen Cobbers war es ein einmaliger Auftrag, das Rathaus der Vaterstadt zu entwerfen, erinnert sich der heute 84-Jährige. Da habe sein Herz schon höhergeschlagen.

Schnell habe festgestanden, dass der Ratssaal dort entstehen sollte, wo das frühere Rathaus gestanden hatte. „Mächtig schiebt sich der Trakt in den Markt vor und wird zum beherrschenden Bauwerk. Dabei nimmt ihm seine frontale Abstufung jede Kolossalwirkung“, schrieb die WZ nach der Fertigstellung.

Unumstritten war der Bau in der Stadt keineswegs, erinnert sich Cobbers. Manche Kritik an dem großen „Klotz“ habe er sich anhören müssen. Aber er ist noch heute überzeugt von seiner Arbeit.

An einen kleinen Fehlgriff erinnert sich Cobbers aber heute noch. Für die Fensterrahmen hatten die Architekten ein besonders hochwertiges Holz ausgewählt: Pitchpine. Dieses Nadelholz war allerdings so harzhaltig, dass das Harz bei großer Hitze austrat und herunterlief, berichtet Cobbers, der heute darüber schmunzeln kann.

Am 21. Mai 1967 wurde die Einweihung des neuen Rathauses mit vielen Gästen gefeiert. Bürgermeister Heinrich Terbartz und Stadtdirektor Klaus Hülshoff begrüßten Landrat, NRW-Innenminister, Gäste aus Frankreich und Holland, belgische und britische Militärvertreter. Höhepunkt der Feierlichkeiten (Initiator war der stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsvereins, Karl Niermann) war der historische Festumzug, bei dem „alle Schichten der Bevölkerung“ mitmachten und 700 Jahre Stadtgeschichte lebendig werden ließen. 400 Kostümierte, 180 Musiker, rund zwei Dutzend geschmückte Pferde waren dabei. Alle wichtigen Personen der Kempener Historie waren vertreten.

Thomas von Kempen zog am Anfang. Erzbischof Siegfried von Westerburg rollte im Vierspänner durch die Straßen. Cobbers ging als Johannes Hundt, Baumeister der Kempener Burg, mit. Bürgermeister, Magister und Scholare, Handwerker, Bürger, Kaufleute, alle Schichten waren vertreten.

Das Rathaus als Haus für die Bürger — das soll heute noch so sein, sagt Stadtsprecher Christoph Dellmans. Auf Anfrage führt er Kindergartenkinder und Schulklassen durch die Räume. Dann nehmen Mädchen und Jungen auf den schweren Stühlen im Ratssaal im 2. Stock Platz, dort, wo sonst die Politiker Entscheidungen für die Stadt treffen.

Sie besuchen die Servicestelle, sehen den Luftschutzbunker im Keller, in dem Akten gelagert werden, und die Hausdruckerei mit Druckern und Kopierern. Oder das Fundbüro, in dem sich Fahrräder und andere Gegenstände ansammeln.

Viele Fragen haben die Kinder: Wo sitzt der Bürgermeister? Wie viele Fenster hat das Rathaus? Oder: Arbeitet hier auch jemand? Oh ja! Rund 180 Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz am Buttermarkt. Man wolle den Kindern Scheu vor dem Rathaus nehmen, sagt Dellmans. Damit sie es auch als Erwachsende als offenes Haus für die Bürger sehen.