Kempen/Kreis Viersen IHK-Studie: So steht’s um die Haushalte

Die Industrie- und Handelskammer hat die Finanzlage der Städte und Gemeinden unter die Lupe nehmen lassen.

Foto: Lübke

Kreis Viersen. Wie stehen die kommunalen Haushalte im Kreis Viersen da? Das Rheinisch-Westfälische-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) hat im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein die Haushaltssituation der Städte und Gemeinden mit der Finanzsituation von Kommunen ähnlicher Größe und Struktur verglichen. Hier einige der wesentlichen Ergebnisse:

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Die Stadt Kempen erzielt demzufolge überdurchschnittlich hohe Steuereinnahmen und hat in den vergangenen Jahren günstigere Jahresergebnisse als vergleichbare Kommunen erzielt. Zur Vergleichsgruppe der Thomasstadt gehört unter anderem Heinsberg. Kempen ist aus Sicht der IHK ein gutes Beispiel dafür, dass sich hinsichtlich der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen etwas ändern muss — Stichwort Sozialleistungen. „Die Kommune verfügt über hohe Steuereinnahmen, erreicht bessere Jahresergebnisse als Städte ähnlicher Größe und Struktur und hat eine günstige Sozialstruktur. Trotzdem gelingt der Haushaltsausgleich nicht“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.

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Für die IHK zeigt die RWI-Analyse aber auch, dass die Probleme „mitunter hausgemacht“ sind. „Die Primärausgaben je Einwohner sind höher als in allen anderen 16 Kommunen in der Vergleichsgruppe“, so RWI-Experte Roland Döhrn. Insbesondere die Personalausgaben seien auf einem hohen Niveau. Was Kämmerer Jörg Geulmann allerdings nicht so stehen lassen will. „Da werden Äpfel mit Birnen verglichen“, sagt er und verweist unter anderem auf neun städtische Tageseinerichtungen sowie die Rettungswache, für die Personal benötigt würden.

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Kempen hat seit 2010 die Gewerbesteuer um 7,3 Prozent und die Grundsteuer um zehn Prozent erhöht.

Im Fall Grefrath (unter anderem mit Winterberg verglichen) gibt es für die Experten nichts zu beschönigen: „Die Finanzlage der Gemeinde ist prekär.“ Seit 2009 habe sie ein Viertel ihres Eigenkapitals einsetzen müssen, um Jahresfehlbeträge auszugleichen. Dies entspreche einem Eigenkapitalverlust von 16 Millionen Euro. „Zudem hat Grefrath in den vergangenen Jahren ungünstigere Jahresergebnisse als vergleichbare Kommunen erzielt.“

Die Situation ist nach Ansicht des RWI auch auf die unterdurchschnittliche Steuerkraft zurückzuführen. „Verantwortlich hierfür ist unter anderem das niedrige und zuletzt sinkende Gewerbesteueraufkommen“, erklärt Döhrn. Ein weiteres Problem sehen die Experten in den laufenden Zinsausgaben, begründet durch den hohen Schuldenstand. „Um das Finanzergebnis zu verbessern, müssen die Schulden abgebaut werden. Dies zeichnet sich aber bei den angestrebten operativen Ergebnissen nicht ab“, sagt Döhrn.

Grefrath hat die Gewerbesteuer im vergangenen Jahr um 5,8 Prozent erhöht.

Auch Tönisvorst (u. a. mit Geilenkirchen in der Gruppe) befindet sich laut IHK „in einer angespannten Finanzlage“. Von 2006 bis 2014 habe die Stadt knapp 24 Millionen Euro ihres Eigenkapitals (18 Prozent) verbraucht. Dabei sind die Steuereinnahmen im Vergleich zu anderen Kommunen nur „unterdurchschnittlich hoch“.

Das Grundproblem besteht nach Analyse des RWI darin, dass die Aufwendungen schneller wachsen als die Erträge. Roland Döhrn: „Verantwortlich hierfür sind insbesondere die Transfer- und Personalkosten. Hier muss für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung etwas geschehen.“

Die zum Jahr 2016 beschlossenen Steuererhöhungen sind laut RWI nicht die Lösung für die niedrigen Steuereinnahmen. „Nachhaltiger ist es, die Steuerbasis durch eine attraktive Standortpolitik zu stärken“, erklärt der RWI-Experte.

Tönisvorst hat seit dem Jahr 2010 den Grundsteuerhebesatz um 31 Prozent und den Gewerbesteuerhebesatz um 18 Prozent erhöht.

Die Ergebnisse für Willich: „Die Stadt erzielte in den Jahren 2007, 2008 und 2013 einen Haushaltsüberschuss. Die Fehlbeträge in den anderen Jahren konnten allerdings durch den Rückgriff auf die Ausgleichsrücklage gedeckt und der Haushalt somit fiktiv ausgeglichen werden.“ Dabei erziele Willich überdurchschnittlich hohe Steuereinnahmen in Vergleich zu vergleichbaren Kommunen (wie zum Beispiel Hilden).

In Willich seien die laufenden Primärausgaben — also Auszahlungen aus laufenden Verwaltungstätigkeiten ohne Zinsausgaben — mit 2,029 Euro je Einwohner niedriger als im interkommunalen Vergleich. „Allerdings war seit 2005 die Ausgabendynamik in Willich höher als in den Vergleichsgemeinden“, erklärt Döhrn. Verbunden mit der überdurchschnittlich hohen Steuerkraft, insbesondere dem hohen Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, führe dies dazu, dass die Fehlbetragsquote deutlich niedriger ausfalle als bei den Vergleichskommunen im Mittel.

Willich hat seit dem Jahr 2010 seinen Grundsteuerhebesatz um 30 Prozent, den Gewerbesteuerhebesatz um sieben Prozent erhöht.