Julian Dawson pur — und mit hochkarätigem Gast
Der englische Musiker gab zwei Konzerte in Kempen. Er überzeugte einmal solo und einmal mit Stargast Helmut Zerlett.
Kempen. Es war wieder ein Fest, das Julian Dawson am Wochenende in zwei Konzerten im Franziskanerkloster bot. Sehr gut erkennbar an den strahlenden Gesichtern, mit denen er nach zwei vollkommen unterschiedlichen Abenden sein Publikum in die Nacht entließ. Freitag ein ausverkauftes Konzert im Rokokosaal ohne jegliche Verstärkung und Samstag ein fast ausverkauftes Konzert in der Paterskirche mit elektrischer Verstärkung und einem hochkarätigen Gast am Flügel. Aber dazu später mehr.
Unspektakulär betrat Julian Dawson am Freitag die kleine Bühne und zog das Publikum mit dem ersten Stück schon in seinen Bann. Und spätestens mit dem zweiten Song „Fragile as China“, den er mit Ukulele begleitete, schwappte die Begeisterung herüber. Es begann ein beeindruckender Abend, an dem er seine Musik aus über 30 Jahren präsentierte, aber auch Anleihen bei seinen Lieblingsmusikern nahm. So bei Ringo Starr, wobei Julian Dawson beim Song „Vine, Women and Loud Happy Songs“ zeigte, dass er auch Country kann.
Mit seinen Geschichten, auch über seine Zeit in Kempen-Ziegelheide, unterhielt der Brite das Publikum ebenso wie mit seiner Musik. Zeigte zwischendurch als stolzer Opa auf dem Smartphone ein Video seiner Enkelin, erzählte über bekannte Musiker und erinnerte an Freunde, die gehen mussten. Was viele im Saal berührte. Und so war es verständlich, dass es bei „You’re listening now“, das er in Gedenken an seinen Vater schrieb, mucksmäuschenstill war — und kurz darauf bei „Return to Sender“ wieder ausgelassen.
Samstag dann Umzug in die Paterskirche, wo Julian Dawson nach einem A-cappella-Auftakt mit Heavy Metal weiter machte — schmunzelnd. Auf der Ukulele nämlich begleitete er sich zu „That’s why God made Saturday Night“. Und einen zweiten beeidruckenden Abend einläutete. Das Besondere — nur ein Song kam in beiden Sets vor.
Und einen Gast hatte Dawson auch dabei — immerhin war „and Friends“ versprochen worden. Aus seiner Arbeit vor 30 Jahren in den Can-Studios hatte er immer Kontakt zu Helmut Zerlett gehalten, der sich am Samstag für einige Songs an den Flügel setzte. „Unsere letzte Probe war vor 30 Jahren“, stellte Dawson fest. Was man aber nicht merkte. Dawson und Zerlett, den man unter anderem als Bandleader der Harald-Schmidt-Show und Westernhagen-Produzent kennt, harmonierten sofort. Hier hörte man zwei Vollblut-Musikern bei der Arbeit zu. Und es wurde auch gerockt. Ob zu Dawson-Songs („Luckiest Man in the Western World“) oder beim Spencer-Davis-Group-Cover „Keep on Running“. Man wollte beide gar nicht gehen lassen. Aber irgendwann fand auch der schönste Abend sein Ende. „Four Walls“ schloss ein wieder einmal beeindruckendes Gastspiel in Kempen.
„So lange ihr wollt, mache ich das immer weiter“, versprach der sympathische Engländer schon am Freitag seinem Publikum, von denen gleich 60 Zuhörer an beiden Abend dabei waren. Und die Besucher warten schon auf die Fortführung der Tradition im Spätsommer 2019.
Die Tradition, alle zwei Jahre in Kempen im Franziskanerkloster aufzutreten, währt bereits seit über einem Vierteljahrhundert. Wann genau es angefangen hat, daran konnten sich weder altgediente Mitarbeiterinnen des Kulturforums noch Julian Dawson selbst erinnern. Zumal schon vor der Premiere regelmäßige Auftritte im Kulturbahnhof üblich waren.
Julian Dawson arbeitet aktuell an einer zweiten Biografie eines bekannten Musikers. Nach seinem Buch über Nicky Hopkins, das 2010 veröffentlicht wurde, schreibt er jetzt über das Leben und Wirken von Spencer Davis.
Musikalisch arbeitet Dawson an der zweiten Retrospektive, die sein Wirken ab Mitte der 90er Jahre umfasst. Abgeschlossen ist die Arbeit mit Wolfgang Niedecken, dessen Album „Reinrassije Strooßekööter“ Ende Oktober erscheinen wird.
juliandawson.com