Kempen: "Darf meinen Sohn nicht sehen"

Kempener kritisiert Gericht: Verfahren wird verschleppt.

Kempen. Seit knapp acht Wochen hat Achim H. (Name geändert) seinen Sohn nicht mehr gesehen. Dabei haben er und seine Frau, von der er getrennt lebt, im Januar vor dem Amtsgericht Kempen einen Vergleich geschlossen. Dieser sieht vor, dass H. aus der gemeinsamen Wohnung auszieht und ermöglicht es ihm, seinen Sohn zwei Mal in der Woche - immer samstags und montags - jeweils drei Stunden lang bei sich haben zu dürfen. Das Problem: Der sieben Monate alte Junge ist bei seiner Mutter in Süddeutschland. H. wohnt in Kempen.

Bereits im Februar war die Frau umgezogen, wohnt nun gut 600 Kilometer von Kempen entfernt. Die Regelung, dass H. seinen Sohn sehen dürfe, griff immer seltener, daher wandte sich H. vor gut drei Monaten erneut an das Gericht, beantragte gar das alleinige Sorgerecht. Bislang ohne Ergebnis.

"Es würde sich sicher eine Lösung finden lassen", glaubt Achim H., der nun den Eindruck hat, "dass mir meine Frau unseren Sohn vorenthalten will". Warum, sagt er, kann er nicht nachvollziehen. "Sie ist eine fürsorgliche Mutter, die alles für ihr Kind tut, aber es geht nicht, dass sie so handelt und ich meinen Sohn nicht sehen darf." Tagelang sei seine Frau, die aus Lateinamerika stammt, nicht zu erreichen. Und in Gesprächen versuche sie immer, das Thema zu umgehen.

"Ich bin dabei, diese wichtige Entwicklungsphase meines Kindes zu verpassen. Das tut mir weh. Diese Zeit gibt mir keiner zurück", sagt Achim H., der nicht nur seiner Frau, sondern auch dem Kempener Amtsgericht Vorwürfe macht: Es verschleppe die Entscheidung, so H. Dem widerspricht Reiner Rohde, Direktor des Amtsgerichts: "Wir warten noch auf die Stellungnahme des Jugendamtes aus der Stadt, in der die Mutter nun wohnt. Es muss geklärt werden, unter welchen Umständen die Frau mit ihrem Kind dort lebt." Davon müsse die Entscheidung abhängig gemacht werden. Sicherlich, räumt Rohde, sei dieser Fall ein besonderer: zum einen, weil das Kind noch so jung sei und zum anderen, weil die Frau so weit entfernt wohne.

Auch Jugendamts-Leiter Klaus Balsam ist eine derartige Praxis der Verschleppung nicht bekannt: "Sicher kann es schon mal sein, dass sich ein Verfahren wegen Urlaubs oder Krankheit des Richters verzögert. Dass so etwas jedoch bewusst getan würde, wäre mir neu."