Kempen: Für jeden Jeck das Passende

Hier die frenetisch feiernden Narren im Kolpinghaus, dort die Konzertbesucher in der Paterskirche– der Altweiberabend bietet für jeden etwas.

Kempen. Es ist Karneval - na und? Eheleute Samm und Kiesling aus Krefeld und Willich haben sich an Altweiber bewusst für das Altweiber-Fastnacht-Alternativ-Konzert im Kulturforum Franziskanerkloster entschieden.

"Wir sind Wiederholungstäter", gestehen sie und nippen am Aperitif. Hier gibt es Prosecco anstatt Bier und das Publikum sitzt auf Hockern, nicht an Biertischen. Immerhin einige Mutige kamen mit Perücke, Federboa und hohen Stiefeln kostümiert, was, na ja, interessiert beäugt wurde.

Moderatorin Ruth Rosenfeld war erkrankt und fehlte deshalb. Dafür kam das "Astor Trio" zu Gehör, drei junge Männer an Gitarre (Tobias Kassung), Violine (Alexander Prushinskiy) und Kontrabass (Dragan Trajkovski).

Sie wählten den betont ernsten Einstieg mit Großmeister J.S. Bach ("Jesus bleibet meine Freude") und zeigten mit der h-Moll-Sonate BWV 147 ihre ganze barocke Strahlkraft. Die Gitarre gefiel klassisch, die Violine sanft bis klagend, der Kontrabass als schmuckvolle Grundlage und Wächter der Zählzeit.

Unter dem Titel "Liebeleien" (Karneval, Liebe zur Musik) reichte das Repertoire bis zu den Tangos des namensgebenden Astor Piazzolla, der ins "Café", in den "Nightclub", ja sogar ins "Bordell" entführte. 180 Gäste wurden Zeuge, ausverkauftes Haus für Hochkultur an Karneval.

Damit konnten weit mehr als 900 Jecke im Kolpinghaus zu gleicher Stunde nur wenig anfangen. Sie kosteten die Altweiberfete der Kempener Prinzengarde voll aus und feierten bis in die frühen Morgenstunden. Angesprochen aufs alternative Konzert meinen die Leopardendamen Leonie, Elena und Antonia nur: "Oh Gott - die verpassen aber was!", und stürzen sich wieder ins Getümmel. Tina und Judith haben dank Möhnenmaske freien Eintritt und erleben super Stimmung - eben "Muttis unter sich", wie sie sagen.

Der enorme Andrang freut Prinzengarde-Sprecher Georg Funken natürlich sehr. "Wir wollen für ganz Kempen eine unvergessliche Altweiber-Party auf die Beine stellen! Und wie man sieht, wird diese Idee sehr gut angenommen", sagt Funken.

Eines fällt hier im Kolpinghaus besonders auf: Es sind erstaunlich wenige als Möhnen verkleidete Damen zu sehen. Das verwundert, denn immerhin haben diese ja freien Eintritt und können das Geld direkt in Bier umsetzen. Der Grund laut der jungen Besucherinnen: Ihnen ist eher ihr Make-Up und ein sexy Outfit wichtig- sie wollen den Jungen gefallen.

Da ist es doch gut, dass es an diesem Abend für jeden Geschmack etwas im Angebot gibt. Und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.