Denkmäler in Kempen Ein Adelssitz auf dem Acker

Serie | Kempen · Wir stellen ausgewählte Denkmäler in Kempen vor. Diesmal: das Haus am Acker 1.

Ursprünglich war das Haus am Acker 1 wohl der städtische Wohnsitz eines Landadeligen. Auch der Keller deutet auf Wohlstand hin.

Foto: Norbert Prümen

(hk) Acker? Der Flurname stammt aus der Zeit, als Kempen, obwohl seit den 1290er Jahren städtisches Gemeinwesen, in seinem Erscheinungsbild von der Landwirtschaft geprägt war. Innerhalb der Stadtmauern gab es zahlreiche Bauernhöfe. Vieh hielt so ziemlich jede Familie, deshalb türmten sich an den Straßenrändern große Misthaufen. Überall, wo sich zwischen den Häusern ein Fleckchen Erde fand, ackerte jemand für die eigene Küche. Äpfel, Kirschen und Pflaumen bereicherten den Speisezettel, Himbeeren und Brombeeren. Dazu kamen selbst gebackene Brotfladen aus Getreideähren im Eigenanbau. Kurz: An die Feldflächen mitten in der Stadt erinnern heute noch Straßennamen wie „Acker“ und „Studentenacker“.

Seit 1976 nahm das Gebäude Verwaltungsstellen der Stadt auf

Ziemlich spät erst, mit dem Anwachsen der Bevölkerung ab dem 15. Jahrhundert, wurden auch die Ackerflächen bebaut. Neue, stattliche Steingebäude entstanden statt der bisherigen Fachwerkhäuser, wie das heute noch erhaltene Patrizierhaus am Acker 1. Ursprünglich war es wohl der städtische Wohnsitz eines Landadeligen. Auf den adeligen Erbauer deutet seine freie Lage; der Bauherr hielt stolzen Abstand zu den bürgerlichen Bauten links und rechts. Auch der massive Keller mit seinen zwei Tonnengewölben deutet auf Wohlstand hin. Vor allem aber: Das Haus Acker 1 scheint zunächst den Charakter eines Wehrbaus getragen zu haben – einer Stadtburg. Das zeigt das über dem Obergeschoss vorkragende gotische Gesims, das im Mittelalter wohl einen Wehrgang trug.

Der verdienstvolle Stadtarchivar Kempens, Jakob Hermes (1913-1991), hat darauf hingewiesen, dass das Haus in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wahrscheinlich einem Angehörigen der adeligen Familie von Virmond gehörte. Deren Hauptlinie saß zwar auf Schloss Neersen. Aber aus den Heiraten der Virmonder Schlossherren gingen zahlreiche Kinder hervor, die Nebenlinien begründeten. Zum Beispiel Konrad von Virmond, der der dritten Ehe des Neersener Burgherrn Johann (I.) von Virmond entstammt und um 1580 Kellner, das heißt erzbischöflicher Finanzverwalter in Kempen, war. Er oder eines seiner Kinder kommen als Erbauer des heutigen Hauses Acker 1 in Frage.

Wahrscheinlich wurde das Vorgängergebäude des heutigen Hauses Acker 1 wie die meisten Befestigungen der Stadt im Dreißigjährigen Krieg während der Besetzung durch hessische Soldaten (1642-1649) beschädigt. Seine Maueranker zeigen, dass 1657 ein Umbau erfolgte. Dabei trat an die Stelle des vermuteten Wehrgangs das niedrige dritte Geschoss.

Nach gründlicher Restaurierung nahm es seit 1976 mehrere Verwaltungsstellen der Stadt auf. Im mittelalterlichen Keller befand sich übrigens in den 1980er Jahren ein Klubraum der Internationalen Polizei-Assoziation (IPA), gegründet vom Kempener Polizeihauptkommissar Armin Reuter.