„Ich lerne Neues und tue etwas Gutes“ Neuntklässler arbeiten in Kempen für den guten Zweck
Kempen · 179 Neuntklässler der Gesamtschule in Kempen arbeiteten einen Tag lang für den guten Zweck. Wir haben zwei von ihnen besucht.
Das gleichmäßige Surren des Schlagschraubers, den Clemens Angerhausen in den behandschuhten Händen hält, vermischt sich mit der im Hintergrund laufenden Musik in der Endmontagehalle von Jerko Sprühsysteme. Überall wird voller Konzentration an der Endmontage unterschiedlichster Maschinen gearbeitet. „Das ist eine Pumpentafel, auf der später eine Pumpe installiert wird. Ich bin gerade mit dem Ausschrauben aus dem Gestell beschäftigt“, erklärt Clemens.
Auch wenn der 16-Jährige aufgrund seiner Kenntnisse und versierten Arbeitsweise bereits wie ein Auszubildender wirkt, so ist er das noch nicht. Vielmehr hat er für einen Tag die Schulbank mit der Montagehalle getauscht. Für einen Tag stehen für ihn und weitere 178 Schüler der Gesamtschule Kempen statt Mathe, Deutsch oder Englisch die unterschiedlichsten Arbeiten bei Firmen, Dienstleistern und Einzelhändlern auf dem Stundenplan: Für einen Tag tauscht die gesamte Stufe neun an einem sozialen Tag einen Schultag gegen das Berufsleben ein. Die Neuntklässler gehen einer Arbeit in einem Unternehmen nach, das sie sich selbst ausgesucht haben. Das dort erarbeitete Geld kommt ausgesuchten sozialen Projekten zu Gute. In diesem Jahr werden drei Organisationen bedacht. Es handelt sich um den Naturschutzbund (Nabu), Ortsgruppe Kempen, der sich in vielfältiger Weise für den Schutz der Natur einsetzt. Weitere Erlöse fließen an die Kempener Tafel, hinter der die Martinus-Hilfe steht: Dank ehrenamtlicher Helfer und Spender kann die Tafel bedürftige Menschen aus Kempen mit Lebensmitteln unterstützen. Auch der Verein „Haus der Sonne“ wird bedacht: Die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Kamerun durch eine Grundversorgung und den Zugang zu Bildung und Beruf ist Ziel des Vereins, der von Kempenern gegründet wurde.
Clemens hat derweil seine erste Arbeit mit Erfolg abgeschlossen und geht zusammen mit Maschinenbautechniker Daniel Hertog die nächste Aufgabe an. Diesmal geht es darum, eine Fassstation mit einer BMK zu versehen. „Das ist eine Betriebsmittelkennzeichnung“, weiß Clemens bereits. So ganz neu ist das Kempener Unternehmen am Hooghe Weg für den Schüler nämlich nicht. „Ich habe hier bereits mein dreiwöchiges Schulpraktikum gemacht und auch schon in den Ferien gearbeitet. Ich möchte gerne Energieanlagenelektroniker werden“, sagt Clemens. Seine Bewerbung dazu hat der Gesamtschüler schon bei Jerko Sprühsysteme eingereicht. Für ihn war das Unternehmen beim sozialen Tag die erste Wahl. Umso mehr hat es ihn gefreut, dass es für diesen einen Arbeitstag für den guten Zweck auch geklappt hat.
Auch Mäusespeck
kann Mathematik sein
„Ich finde, dass der soziale Tag der Gesamtschule eine super Sache ist, die wir als Unternehmen gerne unterstützen. Zumal Schüler auf diesem Weg neben Praktika auch einmal für einen weiteren Tag in ein Unternehmen blicken können. Was uns freut: dass wir direkt einen so interessierten Schüler erneut vor Ort haben, der auch gerne seine Ausbildung bei uns anfangen möchte“, sagt Geschäftsführer Niklas Dahmen. Hertog erklärt bei der Arbeit der Betriebsmittelkennzeichnung dem Neuntklässler auch die Funktion der Fassstation. Wissen, das Clemens mit Begeisterung aufsaugt. „Mir macht die Arbeit Freude. Ich lerne Neues und tue gleichzeitig etwas Gutes. Das finde ich klasse“, bemerkt der 16-Jährige.
In ein ganz anderes Metier ist Bilal Hasan getaucht. Der Neuntklässler startete seinen Einsatz um 7.45 Uhr bei Lotto und Schreibwaren Omeirat am Concordienplatz. „Ich habe mich heute Morgen, als der Wecker früher als gewohnt ging, richtig auf meinen Arbeitstag gefreut“, erzählt der 16-Jährige. Die Schule hätte erst um 8 Uhr begonnen. Im Berufsleben geht es etwas früher los. Bilal sieht den sozialen Tag unter zwei Aspekten. „Zum einen gehe ich für andere Menschen in den Einsatz und kann dazu beitragen zu helfen. Auf der anderen Seite finde ich es prima, dass ich damit wiederum eine Gelegenheit erhalte, etwas Neues auszuprobieren“, sagt der Gesamtschüler. Einmal in den Verkauf schnuppern, stand schon lange auf seiner Liste in Sachen Beruf. Langweilig wird es bei Mohamet Omeirat nicht. Immer wieder geht die Türklingel, was auch dem vielfältigen Angebot geschuldet ist. Neben dem großen Zeitschriftenbereich und dem Bereich Schreibwaren gehören unter anderem auch eine Lotto- und eine Paketannahme mit zum Service. Aufmerksam hört Bilal zu, als Omeirat ihm das Kassensystem erklärt. „Einfach die Summe eintippen ist nicht. Es muss vorher der entsprechende Artikel eingegeben werden. Also, ob es sich um ein Presseerzeugnis, Tabak, Briefmarken oder Sonstiges handelt“, erklärt Omeirat. Spaß macht dem Neuntklässler insbesondere der Einsatz an der Süßigkeitenbar, wo die Kunden Mäusespeck, Colafläschchen, Frösche und andere Leckereien in gewünschter Stückzahl ordern können. Beim Befüllen der Papiertütchen ist Kopfrechnen gefragt, um die Gesamtsumme parat zu haben. Ein bisschen Mathematik am sozialen Tag. Damit ist die Schule gar nicht so weit weg.