Ehepaar engagiert sich für Kinder Ein Regenbogen der Hoffnung
Kempen · Das Ehepaar Michels unterstützt seit über zwei Jahrzehnten ein Kindertagesstätten-Projekt in einem südafrikanischen Township.
Seinem Gast bietet Olaf Michels eine Tasse Tee an, nimmt sie mit Bedacht in die Hand und gießt ein. „20 Jahre Afrika lehren einem Gleichmut“, sagt der 83-jährige, zierlich wirkende Mann. Der aber gemeinsam mit seiner Frau Inge in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Südafrika ein konkretes Projekt gefunden hat, wo sie gemeinsam den Ärmsten zur Seite stehen können.
Berührung mit dem Ausland hatte der frühere Kempener Kaufmann schon zuvor über den Messeverkauf von niederländischen Teak-Kolonialwaren gehabt, die er vor Ort in Java restaurieren ließ. Mit seiner Frau – wie er in Krefeld aufgewachsen – war Olaf Michels vor der Reise in den Süden Afrikas bereits zwei Jahre in Costa Rica gewesen („Einem Traumland, aber ohne Kultur!“) und mit dem Motorrad von Nicaragua nach Panama gefahren. „Südafrika hatten wir aber immer im Hinterkopf.“ Solange dort aber das Apartheids-Regime regierte, wollten sie dort nicht hinreisen.
Vor 25 Jahren reiste das Paar erstmals nach Südafrika
Das änderte sich mit der Überwindung der Rassentrennung. 1999 fuhren ihre beiden Söhne vor und gaben die Rückkopplung „Das ist ein Land, wo du leben kannst.“ Mit einem Drei-Monats-Visum ausgestattet, erkundeten sie die Region von Namibia bis hin nach Pretoria.
Zwischen Kapstadt und Port Elizabeth entdeckten sie die Gemeinde Sedgefield, erhielten für vier Jahre ein „retirement visa“ und bliebe erstmal ein halbes Jahr dort. Danach bekamen sie eine permanente Aufenthaltsgenehmigung und einen südafrikanischen Personalausweis mit der Erlaubnis, dauerhaft dort zu leben.
Das Paar bereiste Kenia, Tansania, Malawi, sammelte viele neue Eindrücke. „Südafrika ist nicht gleich Afrika - es gibt noch natürlichere Gebiete“, lautet sein Urteil.
Die Unterstützung für die Kindertagesstätte in der 17 Kilometer von ihrem Wohnort gelegenen Ortschaft Kleinkrantz hat eine Vorgeschichte: „Wir haben 2002 ein Ehepaar aus Deutschland kennengelernt, die dort eine Suppenküche für Ältere betrieben. Wir haben für sie da zu viert dann gekocht. Und da standen dann Kinder mit großen Augen und dicken Bäuchen vor der Tür. Da haben wir gesagt: Für die müssen wir auch was tun.“
Einfach für die Kinder etwas tun, das war ihr Antrieb
Nach einem ersten gescheiterten Versuch trafen sie in dem nahe gelegenen Wilderness auf eine deutsche Sozialpädagogin, die auch etwas für Kinder tun wollte. Bei ihrem nächsten Besuch hatten sie von einem deutschen Spender zwei Wohnbaracken erhalten. Dort nahmen sie dann für den Unterricht Kinder aus dem nahegelegenen Township auf. „Wir hatten da eine Kindergärtnerin und einen Kindergärtner, dazu junge Deutsche dort Paare, die als Volontäre halfen.“
Als in einem Township in Kapstadt bei einem Brand Kinder ums Leben kamen, wurde der Kindergarten dort aufgelöst. Die Gemeinde George stellte einen Steinbau zur Verfügung, der erst mal mit Möbeln, Vorhängen und neuer Installation ausgestattet werden musste. „Wir haben mit 19 Kindern dort angefangen, heute sind es 27“, berichtet Olaf Michels. So richtig gezielt sei das alles eigentlich nicht gewesen. „Das hat sich alles so ergeben, wenn man sieht, wie die Kinder da leben im Vergleich zu anderen, dann muss man was machen. Wir haben eine gewisse Verantwortung für diese Welt und dieses Leben. Wir haben einfach gemacht. Es war ein Stein, den man ins Wasser wirft“
Aufgeteilt in drei Altersgruppen (1-3 Jahre, 3 bis 5 Jahre und Vorschlule bis acht Jahre), kümmern sich drei Erzieherinnen um die persönliche Betreuung der Kinder, die vornehmlich aus dem Township dort kommen. „Da stehen 200 Wellblechhütten, da ist es im Sommer heiß und im Winter kalt. Und da leben vier bis fünf Personen auf einer Fläche von vier mal fünf Metern.“ Zumeist gebe es „so gut wie keine Eltern, oft ist ein Elternteil alleinerziehend, so dass der neue Partner immer schnell akzeptiert wird.“ Zwei Erzieherinnen begleiten sie in der Zeit nach der Schule.
Einen normalen Start in
das Leben ermöglichen
„Wir wollen ihnen einen normalen Start in das Leben ermöglichen“, sagt Michels. Dabei seien oft Kinder, die aus einem besonderen Grund Lernschwächen haben. „Die haben das Alkoholsyndrom, sind im Alkoholkonsum gezeugt worden.“
Was auch viel praktiziert wird in der Kindertagesstätte, ist Sport – die Kinder kicken mit Trikots des Grefrather Fussballvereins, die Bernd Lommetz organisiert hat. Die Fußballer und die Netball-Mädchen der Kindertagesstätten sind auch in den beiden bestehenden Ligen in George aktiv, werden von den Michels und den Helfern auf Fahrzeugen mit langer Rückbank zu den Spielen nach George gefahren. Und auch Schwimmunterricht wird erteilt. „Das ist existenziell wichtig, weil das Township 500 Meter vom Indischen Ozean entfernt liegt. Und die Kinder und fast alle Erwachsenen können dort nicht schwimmen.“ Eine Schwimm-Akademie bietet für 100 Rand (umgerechnet 4,79 Euro) in aufgewärmtem Wasser für eineinhalb Stunden die Chance, das Schwimmen zu erlernen.
Finanziert wird das gesamte Projekt von einem Pool Kempener Ärzte, die einen Obolus pro Monat entrichten; dazu kommen Spenden aus dem Freundeskreis der Familie Michels.
Der dazu gegründete Verein „Ein Regenbogen für Afrika “ hat aktuell 59 Mitglieder, die aber alle 60 Jahre oder älter sind – weswegen sich Olaf und Inge Michels sehr wünschen, dass junge Leute dazustoßen, die sich engagieren wollen. Am Donkring 71 gibt es eine Geschäftsstelle, wo die Kempenerin Rita Kehr das Finanzielle regelt.
Wie auf dem Maifest ist man in der Stadt hier öffentlich aktiv, um über Aktionen wie Büchsenwerfen für kleines Geld oder dem Verkauf gespendeter Handtaschen für das Projekt Geld zu acquirieren. „Wir haben in Afrika einen Golf-Freundeskreis, die Damen dort haben uns mit edlen Taschen bestückt.“ Und durch Zufall lernte das Ehepaar im Jahr 2019 in George ein Projekt kennen, wo HIV-infizierte Frauen Karten aus selbst zusammengesuchten Naturmaterialien herstellen. Die bestellten 200 Karten wolle man jetzt in Deutschland auf dem Weihnachtsmarkt oder bei Dritte-Welt-Aktionen verkaufen. Auf der Rückseite der Karte findet sich der jeweilige Name der Person, die die Karten gestaltet hat. Sie erhält dann das Geld.
Der größte Dank ist
das Strahlen in den Augen
Was Michels oft wundert und nicht unbedingt erfreut, ist, wie viele der durchaus intelligenten Kinder im Laufe der Zeit später ihr Abitur machen und dann trotzdem „aus finanziellen Gründen“ im Township bleiben. „Wir sind, da wir schon drei Generationen von ihnen kennen, sowas wie mehrfache Großeltern“, schmunzelt er leise.
In all den Jahren habe man „von der Geburt über die Heirat, Mord, Selbstmord, AIDS und Tod das ganze Spektrum an gut und schlecht miterlebt“, sagt Olaf Michels. Darum eben wachse mit den Jahren der Gleichmut. „Man akzeptiert das einfach.“ Aber man dürfe das nicht so an sich persönlich heranlassen, „sonst kann man nicht so selbstbewusst arbeiten und „die Welt retten“. Mit dem Wenigen, was wir machen, sind wir zufrieden“, sagt er.
Den größten Dank empfinde man, „wenn die Kinder auf einen zugestürmt kommen, auf den Arm wollen – die können für die Lebensumstände nichts. Sie sind offener, spielen so wie wir früher auf der Straße“, erinnert er sich an seine Kindheit in Kriegstrümmern. „Und Kinderaugen haben in Afrika eine besondere Qualität.“
Zukünftig wollen die Michels versuchen, ein neues Gebäude für die Kinder zu bekommen. Wie lange die beiden selbst vor Ort noch wirken können, zumal seine Frau leichte Demenz hat, diese Frage lässt Olaf Michels bewusst offen. „Das Gedächtnis ist halt teilweise weg, die Artikulation auf Englisch.“
Die Mitarbeiter vor Ort sind über ihren Gesundheitszustand eingeweiht, man mache „da kein Läppchen drum.“ Und vor Ort gibt es eine Sackgasse mit Rundlauf. „Wenn das die nächsten zehn Jahre so ist, kann ich damit leben.“ Nach 61 Jahren Ehe kenne man den andere, gehe den Weg gemeinschaftlich weiter. „Wenn sich etwas verändert, dann kann man sich Gedanken machen.“ Er lebe von Reise zu Reise. „Das Leben ist halt endlich.“
Sein Sohn und sein Schwiegersohn haben für sie vor Ort ein Haus gekauft. Und auch wenn man nur auf einfachen Gasplatten kochen kann, es immer mal wieder für ein paar Stunden Stromausfall gibt, wo an der Verkehrsampel dann der fährt, der zuerst am Stoppschild steht, für Michels steht im Grunde fest: Lieber möchte er mit seiner Frau in den nächsten Jahren in Afrika bleiben. „In dem Landstrich gibt es Berge bis 1200 Meter, fünf Seen 18 Kilometer Strand und einen gewachsenen Urwald, wo die letzten freien afrikanischen Elefanten leben.“
Wer nähere Informationen zum Verein und seiner Arbeit haben möchte, kann sich an olafmichels@yahoo.de wenden.