Bundestagsabgeordneter feiert runden Geburtstag Genosse Schiefner wird 60
Kempen · Udo Schiefner – ein Pendler zwischen Kempen und Berlin, zwischen lokalpoltischen Themen und nationalen Fragen.
Der St. Huberter Illustrator Moses Pankarz sieht ihn so: Im Reise-Outfit, blaue Hose, helle Jacke, einen Trolly hinter sich her ziehend. Unterwegs für den Kreis Viersen nach Berlin. Und in die umgekehrte Richtung. Die wehende rote Krawatte hebt sich knallig ab. Udo Schiefner, der Pendler zwischen West und Ost. Stadt und Land. Lokal- und Bundespolitik. Zwischen Anlieger-Anfragen aus St. Hubert und Anforderungen, die die Globalisierung an die Menschheit stellt.
Kempen, Viersen, Wahlkreis 111, Hauptstadt Berlin. Schiefner fliegt, fährt Bahn. Im Jahr ist er 21 Wochen in Berlin und 31 im Kreis Viersen. Er pendelt, sein Trolly rollt.
Sommerpause. Der Taktgeber Politik pausiert. Das lässt Schiefner einmal in Ruhe schauen – zum Beispiel auf den Erdbeer-Milchshake im Eiscafé auf dem Buttermarkt, seinem kommunikativen Lieblingsplatz in der Stadt. Und auf ein Datum, das nicht nur von ihm wahrgenommen werden wird: Udo Schiefner wird am 7. August 60 Jahre alt.
„Ich sehe dem Datum gelassen entgegen, falle nicht in ein tiefes Loch. Für manche ist es ein Weltuntergang. Für mich nicht“, sagt der Mann Jahrgang 1959, Sternzeichen Löwe. Und dann kommt doch eine nachdenkliche Note: „Mit 60 hat man den höchsten Anteil der Lebenszeit hinter sich.“ Dankbar sei er, dass er die Zahl erreiche. Einige im Bekanntenkreis durften dies nicht.
Schiefner, lokal verwurzelt, hat sich für die Bundespolitik entschieden. Verkehrspolitik, Petitionsausschuss, Europa sind seine Themen, wenn er im Fraktionsvorstand gefragt ist, er mitdiskutiert oder ans Rednerpult unter der Kuppel des Reichstags tritt. Sein Sitz im Viersener Kreistag ist der politische Anker in der Heimat.
Blutjung, mit 18, ist Schiefner von seiner Partei für den Kempener Stadtrat aufgestellt worden. 42 Jahre ist das her. 45 Jahre, dass er sich als 15-Jähriger die Wahlprogramme aller Parteien angesehen hat, obwohl er aus einer sozialdemokratischen Familie stammte. Da wurde schon am Frühstückstisch debattiert.
Die Grundwerte, für die die SPD eintritt, haben ihn überzeugt,. Er blieb der familiären Linie treu, wurde Genosse.
Wenn Schiefner sagt, er habe die Politik von der Pike auf gelernt, von 1975 an durch die Instanzen der Partei, der Kommunalpolitik, dann spürt man, dass ihm diese Biographie gefällt. Er ist kein Seiteneinsteiger. Er hat sich seinen Platz erarbeitet.
Seit 2013 ist er als Bundestagsabgeordneter Berufspolitiker. Nach der beruflichen Ausbildung, dem Fernstudium und dem Posten der Qualitätssicherung in einer Brauerei.
Die Qualitätssicherung der Sozialdemokratie will im Moment nicht gelingen. Zuspruchs-Zahlen sind unterirdisch. „Wir dümpeln so herum.“ Unfassbar für jemanden, der von Kinderbeinen an Willy Brandt, Helmut Schmidt, Gerhard Schröder und viele andere klingende Namen der SPD erlebt hat.
„Ich mache mir selbst immer klar: Diese Aufgabe ist eine auf Zeit. Als Abgeordneter ist man gewählt, sollte aber nicht von sich glauben. ein Gottesgeschenk für Deutschland zu sein.“ Politik mache ihm weiter Spaß. Keine Ermüdungserscheinung und auch kein Schielen aufs Renteneinstiegsdatum. „Ich will aber auch nicht mit 70 aus dem Plenarsaal getragen werden“, sagt Schiefner.
Gesund bleiben, das wünscht er sich. Und er träumt von einer Welt, in der es keinen Krieg gibt, jeder sein Auskommen und genug zu essen habe.
Ganz real beurteilt er die „Fridays for Future-Bewegung: „Eine politisch denkende Jugend – das ist positiv!“ Die Welt mit den Augen der Nachkommen sehen. Auch das tut Schiefner. Seine Tochter ist 31.
Nicht abheben will er, auch wenn Illustrator Moses Pankarz ihn auf einer Einladungskarte zum Geburtstag schweben lässt. Mit einem roten Luftballon in der Hand. Und einer 60 darauf. Leichtigkeit, wie schön wäre aktive Politik mit Rückenwind. Beschwingt, wie ein Song von Abba, die Schiefner sehr mag. Oder so süß wie ein Stück Frankfurter Kranz, auf den Schiefner zum Geburtstag wieder von einer Nachbarin hoffen darf. Er lässt sich gerne überraschen, was so passiert am kommenden Mittwoch. Geplant ist, dass er nicht in der Stadt ist – der Pendler ins nächste Lebensjahrzehnt.