Kempen: Wehrchef Jansen koordiniert die Einsatzkräfte beim Rosenmontagszug Wehrchef koordiniert knapp 160 Helfer
Kempen · Franz-Heiner Jansen hat auch beim Rosenmontagszug 2020 die Fäden in der Hand. In der Einsatzzentrale auf dem Viehmarkt behält er den Überblick.
Um 10 Uhr bringt das Deutsche Rote Kreuz Kaffee und belegte Brötchen in den Hamelmann-Container auf dem Viehmarkt. Mittags wird es einen Eintopf zur Stärkung geben. Der Parkplatz ist gesperrt für Einsatzfahrzeuge, wie beispielsweise den Drehleiterwagen und den Einsatzleitwagen, in dem Jansen gut eine Stunde vor dem Zugstart „festsitzt“ und dort auch erst wieder am späten Nachmittag weg kann.
Zwei Löschzüge stehen für
die Brandbekämpfung parat
Die Verpflegung des Roten Kreuzes nehmen die ehrenamtlichen Helfer von Feuerwehr, DRK und Beamte der Polizei gerne an. Einige wärmen sich im Container auf und unterhalten sich. Denn zu den Kempener Wehrleuten hat sich der Löschzug Anrath zur Unterstützung gesellt (siehe Kasten). Andere stehen entspannt unter dem Vordach des Einsatzleitwagens, unterhalten sich oder warten auf einen Einsatz. Die Szenerie mutet ein bisschen wie auf dem Fußballplatz an. Das Team schwört sich auf den Einsatz ein, der Trainer gibt Anweisungen. Statt Trikots tragen die Helfer ihre Uniformen. Bei den Wehrleuten ist es entweder die dunkelblaue Standarduniform oder die sandfarbene für Atemschutzträger. „Die haben eine etwas andere Ausbildung als die anderen“, erklärt der 58-Jährige. Schließlich dreht sich nicht alles nur um den Rosenmontagszug und Karneval. Im Einsatzleitwagen werden auch alle anderen Einsätze koordiniert: Brände, medizinische Notfälle und vor allem Probleme auf den Straßen.
Deshalb steht auch der Drehleiterwagen auf dem Viehmarkt, um schneller los zu düsen, sollte er benötigt werden. An der Ecke Heyerdrink/Mülhauser Straße, wo die Einsatzleitstelle eine „Dependance“ hat, ist der Drehleiterwagen des Tönisberger Löschzuges stationiert. „Wir haben das aufgeteilt, damit wir einen Verkehrsstau umfahren können und so überall schnell sein können. Wir haben zwei Löschzüge für Brandbekämpfung in Bereitschaft“, sagt Jansen. Unterstützung für die Kempener kommt deshalb nicht nur aus Anrath, auch aus Schmalbroich und Mülhausen sind Kollegen vor Ort.
Kurz nach der Stärkung im Container gibt es den ersten „Chaos-Einsatz“: im Bereich des Aufstellungsortes, Vorster-, Oedter und Herckenrathstraße knubbeln sich die Autos. „Jeder möchte so nah wie möglich am Geschehen sein und die Zugteilnehmer ihr Equipment so nah wie möglich an den Zug heranbringen“, so die 17-jährige Erfahrung Jansens als Wehrchef. „Teilen Sie die Zahl durch drei und Sie wissen, bei wie vielen Rosenmontagszügen ich dabei war“, sagt er im WZ-Gespäch. Erfahrungsgemäß gibt es die meisten Verkehrsprobleme zwischen dem Außen- und dem Innenring.
Unbekannte Zuschauerströme
durch den neuen Zugweg
Doch auch neue Erfahrungen müssen Jansen und sein Team in diesem Jahr sammeln. Durch die geänderte Zugstrecke, die dieses Mal über Thomas- und Kleinbahnstraße ihr Ende nimmt, gibt es neue neuralgische Punkte. Vieles wurde bereits durch die Probefahrt vor ein paar Wochen ausgemacht und beseitigt. Aber über den Verkehrsstrom der Besucher und wo sich die Zuschauer drängeln werden, gibt es nur Vermutungen. Jansen: „Früher standen viele Leute an der Post, Ecke Thomasstraße/Ring. Jetzt denke ich, dass das Meiste an Peterstraße und auf dem Buttermarkt los sein wird.“ Der Wehrchef muss nicht bis zum Abend warten, um zu wissen, ob er richtig lag. „Mein Stellvertreter Thomas Hormanns ist mit dem Zug unterwegs und informiert uns, wo er ist, wie die Situation vor Ort ist und ob es Probleme gibt.“ Dadurch kann Jansen zusammen mit den anderen Einsatzkräften – inklusive Ordnungsamt – sofort reagieren und weiß, wie ausrückende Helfer am besten zum Einsatzort kommen, sollte dies nötig sein.
Kommuniziert wird über Funk. Drei Funker sitzen in einem eigenem Raum in Einsatzleitwagen. Dazu gibt es einen Besprechungsraum, in dem Jansen mit Kollegen von Polizei und DRK Kontakt zur Außenwelt hält. Sprich: Es gibt eine direkte Kommunikation mit den Kollegen vor Ort sowie Hormanns, Zugleiter Theo Balters und dem Ordnungsamt. Auf einem Bildschirm und einer Lagekarte können die Koordinatoren im Besprechungsraum den Zugverlauf verfolgen und sind somit immer auf dem neuesten Stand. „Hier sind alles erfahrene Leute“, sagt der Wehrchef. Viele seien seit Jahren bei den Zügen dabei, auch an St. Martin. Dazu gebe es Kollegen in Bereitschaft. „Ich bin sehr froh, dass ich so ein gutes Team habe, das auch bereit ist, an Karneval auf Karneval zu verzichten.“ Ihn selbst, so Jansen, habe seine 37-jährige Dienstzeit im Rathaus geprägt. Weshalb er an Altweiber seine Karnevalsauszeit nimmt. Danach besuche er zwar noch Feste aber „immer ohne Alkohol“.
Schließlich braucht er einen klaren Kopf, wenn es einen Einsatz gibt. An einen ungewöhnlichen erinnert er sich spontan: „Das ist Jahre her. Da hat einer mit einem Messer rumgefuchtelt. Den Fall hat dann die Polizei übernommen.“ Gefreut hatten sich er und seine Kollegen über einen „Arm voll Tulpen“, den ein Rosenmontagszugbesucher einmal vorbeigebracht hat. „Damit wollte er sich bei uns bedanken und hat Blumen für die ,Mutti zu Hause’ mitgebracht“, erzählt Jansen.
Blumen hat es 2020 nicht für Jansen gegeben. Dennoch ist am späten Abend die Welt immer noch in Ordnung für den Kempener Wehrchef. „Es lief hervorragend“, zieht er Bilanz. Es habe kleinere Einsätze wegen umgeschlagener Füße und einen in einem Privathaushalt wegen des Verdachts auf Herzinfarkt. „Die Besucher waren vorbildlich“, sagt Jansen. Nach dem Anschlag auf eine Karnevalszug in Nordhessen hätten die Einsatzkräfte gegen 17 Uhr zwei Lkw an die Einfahrten zum Buttermarkt gestellt, auf Empfehlung des Landes NRW. „Aber das haben wir auch in unserem Notfallplan drin.“