Naturschutz: Knochenarbeit für Politiker
Nettetaler Ratsmitglieder haben 30 junge Kopfweiden geschnitten und gepflegt. Die Pflege alter Kopfweiden ist zeitaufwendig. Sechs Leute schaffen an einem Tag sieben alte Weiden.
Nettetal. Ein Ratsherr, der ins Schwitzen kam: "Ich hätte nicht gedacht, dass das so anstrengend wird", sagte Christian Stein (CDU) und wischte sich die Stirn. Ein knappes Dutzend Politiker und Naturschützer teilte sich am Samstag die Arbeit. Die Pflege 30 junger Kopfweiden stand an der Grenzwiese zwischen Leutherheide und Ritzbruch auf dem Programm.
Die im Umgang mit Motorsägen und im Klettern erfahrenen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Biotopschutz im Kreis Viersen bearbeiteten die Bäume. Die Ratsmitglieder positionierten die Sicherheitsleiter, schleppten abgeschnittene Äste, kürzten sie mit einer Schere zu zwei Meter langen Stangen und bündelten die Gerten. Knochenarbeit für die Kommunalpolitiker.
Ratsherr Hans Vyver (SPD): "Es hat Spaß gemacht. Wir kamen praktisch als große Koalition ins Schwitzen und haben einiges über die Weide gelernt." Das bestätigt Ratsfrau Christa Terporten (SPD): "Arbeit im Team in der Natur macht Freude." Hans-Willi Gerards (CDU) fand: "Jeder der hier mitmacht weiß die ehrenamtliche Arbeit der AG Biotopschutz um so mehr zu schätzen."
Die Stecklinge der Weiden wurden vor 14 Jahren gepflanzt und müssen maximal alle drei Jahre geschnitten werden. "Die Äste ragen sonst zu weit in den Verkehrsraum oder berühren die Stromleitungen", erklärte Bernd Rosenkranz, Vorsitzender der AG.
Direkt am Leutherheider Graben ist dagegen ein halbes Dutzend über 100 Jahre alter Kopfweiden zu bestaunen. "Die brauchen in diesem Jahr noch nicht geschnitten zu werden", erläuterte Wilhelm Kuypers, Biotopschutz-Geschäftsführer. Alle fünf bis sieben Jahre sei die Pflege der alten Weiden nötig. "Sonst brechen sie auseinander, sterben ab."
Die Pflege alter Kopfweiden ist zeitaufwendig. Sechs Leute schaffen an einem Tag sieben alte Weiden. Die sind in der Regel schwierig zu erreichen. Die abgeschnittenen Äste müssen geschleppt, geschnitten und geschreddert werden. Die Wiesen werden "mehr als besenrein" hinterlassen, Zäune wieder in Ordnung gebracht.
Trotzdem: 600 Kopfweiden pflegte die Organisation in dieser Saison, mehr als 20 000 in den 25 Jahren ihres Bestehens.
"Die Kopfweide prägt das Landschaftsbild am Niederrhein und ist Lebensraum vieler Pflanzen und Tiere", erläuterte Rosenkranz später bei Grünkohl und Bauernwürstchen im Landschaftshof: Schmarotzerpflanzen wie Johannis- und Stachelbeeren, Erlen und Farne siedeln in den Kopfweiden. Wald- und Steinkäuze, Sperlinge und weitere Vögel nisten in den knorrigen Hohlstämmen. Auch der Moschusbock, ein bis zu vier Zentimeter großer Käfer, fühlt sich in den Bäumen wohl.
Den Orkan "Kyrill" haben die Kopfweiden übrigens gut überstanden. "Der Sturm fand zu wenig Widerstand, sonst hätte er sie reihenweise gefällt und unsere Landschaft wäre um einiges ärmer geworden."