Für Kempen und die Welt Sättel: Maßanfertigung aus der gläsernen Manufaktur
Der Familienbetrieb Stübben beliefert vom Standort Kempen aus Spring-, Dressur- und Freizeit-Reiter in 50 Ländern der Erde.
Kempen. In der gläsernen Manufaktur ist sogar das Schaukelpferd gesattelt. Lederner Sitzkomfort für kleine Jungs und Mädchen, die das Hin- und Herwiegen lieben. Später vielleicht werden sie das starre Holzpferd gegen ein echtes Tier eintauschen, mit ihm über Oxer springen oder den versammelten Galopp als Dressurreiter trainieren. Dann könnte es sein, dass das Familienunternehmen Stübben in Kempen es ihnen wieder sattelt.
Zum zeitlichen Ausgangspunkt der Erfolgsgeschichte dieses in der vierten und fünften Generation Inhaber-geführten Betriebs muss man ins vor-vorherige Jahrhundert zurück. An den Ostwall in Krefeld.
Um zu sehen, welche Handgriffe die Qualitätssättel bis zu ihrer Auslieferung in alle fünf Kontinente durchlaufen, empfiehlt es sich, im Heute zu bleiben. Und in Kempen. Und einen Blick in die gläserne Manufaktur an der Heinrich-Horten-Straße zu werfen.
Das Know-how gilt immer Zweien. „Wir verbinden zwei Lebewesen, Pferd und Reiter“, sagt Prokurist Andreas Schieweg, der seit 13 Jahren im Unternehmen ist.
Nichtreiter lernen beim Gang durch die Produktion eine Menge an neuem Vokabular dazu: Herzstück eines jeden Sattels ist der Sattelbaum. Der Stahlfederbaum mit elastischer Gurtung ist das Herzstück des Stübben-Erfolgs, eine — wie Schieweg sagt — maßgeschneiderte Verbindung zwischen Reiter und Pferd.
Der Reitsport ist vielseitig. Die Aktiven benötigen Springsättel, Vielseitigkeits- oder Dressursättel, Sättel fürs Wander- und Freizeit-Reiten. . . Seit 1894 verarbeitet Stübben Leder, heute vor allem anillin gefärbtes Vollrindleder in den Farben Schwarz, Ebony und Tobacco. „Wir nutzen pflanzlich gegerbte Leder. Dieser Prozess dauert zum Teil mehrere Monate. Aber dieses Leder ist atmungsaktiv“, betont Schieweg.
In der Produktionshalle riecht es genau nach diesem Material, wenn Mitarbeiterin Oda Krumey die Steigbügelriemen von Hand näht oder Kollegin Jenny Schellkes-Wlotzka eine der dutzenden Nähmaschinen bedient. Ihr Mann Sebastian Wlotzka übernimmt in der Produktion den wohl wichtigsten Arbeitsschritt, wenn er die strapazierfähigen Gurtbänder an den Sattelbaum anpasst.
Die Sattelbaum-Rohform lässt Stübben in einer Werkstatt in Frankreich fertigen, die das seit mehr als vier Jahrzehnten für den Familienbetrieb macht. „Jedes Modell wird individuell bespannt“, sagt Schieweg. In dieser Kombinationsvielfalt sei nahezu jeder Sattel ein Unikat.
Sättel halten in der Regel einige Jahrzehnte, können auch immer wieder an Reiter und Pferd angepasst werden. Beispielsweise die Polsterung. Breitensportler bevorzugen es generell, etwas weicher als die Profis zu sitzen. In der Firmengeschichte sei es schon mehrfach passiert, erzählt Schieweg, dass ein Sattel nach 50 Jahren zum Aufpolstern kam.
Bevor ein Reiter auf sein Pferd und in seinen angepassten Sattel steigt, trifft ein Händler im Auftrag von Stübben den Kunden am Stall, hat Probesättel dabei, um die perfekte Passform für Mensch und Tier zu finden. Diese Informationen gehen dann in die gläserne Manufaktur.
Seit dem Jahr 2000 produziert Stübben am Kempener Standort und liefert Sättel in 50 Länder auf allen Kontinenten aus. Kernmärkte seien Deutschland, Frankreich England und die USA, so Schieweg.
Tradition und Innovation - mit dieser Verzahnung von Erfahrung, Know-how und neuen Technologien will Stübben seine unternehmerische Zukunft im Pferdesport festigen.
Erst kürzlich hat es den Innovationspreis auf der Equitana, der bedeutendsten Pferde- und Reitermesse, für einen neuen Sattel aus vollnarbigem Leder gegeben, der mit Olivengerbstoff behandelt wurde. Das ist ein über drei Jahre entwickelter neuer Gerbstoff, der aus Olivenblättern, die bei Ernte oder Rückschnitt anfallen, extrahiert wird. „Unseren Gerbstoff kann man essen“, sagt Schieweg. Er hat ihn selbst schon probiert. 2500 bis 3000 Euro kostet ein solcher Sattel, den Stübben nun mit Innovations-Vorsprung im Markt etablieren will. Schieweg: „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal.“ Verarbeitet in Kempen.