Landwirt aus dem Kreis Viersen erklärt, wie‘s geht „Schafe schubsen rettet Leben“
Grefrath · Wenn Schafe auf dem Rücken liegen und mit allen Vieren in der Luft zappeln, besteht Lebensgefahr: Nur ein schnelles Eingreifen kann verhindern, dass das Schaf stirbt. Dabei kann jeder Spaziergänger erste Schaf-Hilfe leisten.
„Schafe schubsen rettet Leben.“ Wenn Stefan Schrievers das sagt, dann mag sich das im ersten Moment wie ein Scherz anhören. Doch das ist es beileibe nicht: Mit einem einfachen Schubs können Schafe gerettet werden, wenn sie auf dem Rücken liegen. Denn: Bleiben sie in dieser Lage, ist es das Todesurteil für das Tier.
Ein Schaf, das auf dem Rücken liegt und alle vier Füße in der Luft hat, kommt selbstständig nicht mehr auf die Beine. „Es passiert gerade immer wieder bei hochtragenden Schafen, dass sie nicht mehr selber hochkommen, wenn sie aus Versehen in die Rückenlage gekommen sind“, sagt der Landwirt, der gerade mit dem Auto die Wiesen in Grefrath-Vinkrath angefahren hat, auf denen ein Teil seiner Texelschafe grast. Schrievers kontrolliert die Schafherde, die aus Muttertieren und Böcken besteht. Hinter dem Elektrozaun geht es ruhig zu: Die Schafe stehen entspannt auf der Wiese und grasen.
Die täglichen Kontrollen gehören zum Alltag des Landwirts. Aber wenn ein Schaf in die Notlage gerät, ist Schrievers auf die Hilfe von Menschen angewiesen, die dies zufällig mitbekommen. Je länger ein Schaf auf dem Rücken liegt, desto größer ist die Gefahr, dass es nicht überlebt – selbst wenn es gedreht wurde. Die hochtragenden Tiere sind besonders gefährdet. „Wenn sich ein hochtragendes Schaf hinlegt, kann es auf den nun einmal nicht gleichmäßig ebenerdigen Wiesen passieren, dass es aus Versehen in die Rückenlage rutscht“, erklärt Schrievers. Dann liegt das Schaf hilflos da und zappelt verzweifelt mit den Beinen, um wieder hoch zu kommen. Der dicke Bauch des tragenden Tieres ist dabei im Weg. Daher kann auch ein sehr gut genährtes Schaf in diese gefährliche Situation geraten. „Das im Pansen produzierte Methangas kann ein Schaf in Rückenlage nicht mehr abrülpsen. Das Tier gast auf und erstickt elendig, wenn ihm nicht auf die Beine geholfen wird“, sagt Schrievers.
Ein bis zwei Prozent seiner Texelschafe verliert er so pro Jahr, weil Tiere in die Rückenlage geraten. Deshalb ist er jedem Menschen dankbar, der einem seiner Schafe in einer solchen Situation wieder auf die Beine hilft. Für den Menschen sei die Schaf-Hilfe ungefährlich, betont der Landwirt: Weder trete ein Schaf aus, noch beiße es. Dabei sei es ganz einfach, das Schaf zu unterstützen, damit es wieder auf die Beine komme, erklärt Schrievers: einfache Schubser genügen. „Man stellt sich einfach an eine Seite des Schafes und drückt es mit Schubsern in die Seitenlage. Von dort kommt es alleine wieder hoch.“
Hat das Schaf nicht schon Stunden in der Rückenlage verbracht, wird es sofort weglaufen. Torkelt es, lag es schon länger auf dem Rücken. In diesem Fall sollten Spaziergänger den Schäfer rufen. Bei Schrievers ist das kein Problem: Auf der Wiese steht ein Transportwagen, auf der seine Telefonnummer angegeben ist – unübersehbar neben dem Hinweis auf seine Blühpaten-Aktion „Hinsbeck summt“. Schnelle Hilfe ist wichtig: Maximal acht Stunden kann ein Schaf in Rückenlage überleben. Danach stirbt es. Auch das Torkeln ist gefährlich: Ein Schaf, das nach dem Umdrehen wackelig auf den Beinen ist, könnte erneut umfallen und in die gleiche gefährliche Ausgangslage zurückfallen.
Wer einem Schaf helfen möchte, sollte sich übrigens vorab vergewissern, dass die Schafe auf der Wiese nicht zusätzlich von einem Hütehund betreut werden. Der Hund könnte es nämlich missverstehen, wenn ein fremder Mensch die Wiese betritt.
Grefrather Lebensretterin kannte das Problem aus dem Urlaub
Als Lebensretterin ist Ilka Sommer in diesen Tagen in Erscheinung getreten. Die Grefratherin kam mit ihren Hunden an der Wiese vorbei, auf der Schrievers Texelschafe weiden, und entdeckte gleich zwei Schafe, die in Rückenlage auf der Wiese lagen. „Durch unsere Urlaube auf Texel, wo es viele Schafe gibt, kannte ich diese Problematik“, erzählt Sommer. Als sie die Schafe sah, musste sie nicht lange überlegen: Zusammen mit einem Nachbarn, der ebenfalls an der Wiese entlang ging, schritt sie zur Hilfe. Sie überstieg den Elektrozaun und brachte die Schafe durch Schubsen wieder auf die Beine.
Damit gerade die hochträchtigen Tiere nicht hilflos auf dem Rücken liegen und dadurch sterben, stallt Schrievers die Tiere, die kurz vor der Niederkunft stehen, aus Sicherheitsgründen daheim ein. „Dort habe ich die Tiere einfach besser unter Kontrolle. Schließlich will man das Muttertier samt dem ungeborenen Nachwuchs nicht verlieren“, sagt Schrievers. Auf den Wiesen hingegen ist der Landwirt auf die Hilfe von aufmerksamen Spaziergängern angewiesen, die sich im Notfall ein Herz fassen – und ein Schafleben mit Schubsern retten.