Vortrag im Berufskolleg: Menschenrechte verstehen

Christoph Strässer, Beauftragter für Menschenrechte, besuchte das Berufskolleg.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die Aula im Altbau des Kempener Berufskollegs ist schon gut gefüllt, es gibt keinen freien Stuhl mehr. Das Stimmengewirr der vielen Schüler füllt den Raum. An den Wänden hängen selbst gemalte Banner und Plakate mit der Aufschrift „Free Liu Xiaobo“. Grund für die Versammlung ist ein Vortrag des Beauftragten für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe der Bundesregierung, Christoph Strässer.

Eingeleitet wird die Veranstaltung von Schulleiter Hans-Joachim Kornblum und Religionslehrer und Schulpfarrer Roland Kühne. Ist der Applaus bei Kornblum noch verhalten, brandet er bei Kühne regelrecht auf. Der Religionslehrer ist die treibende Kraft hinter den Menschenrechtsaktionen des Berufskollegs. Mit weit über 100 Schülern demonstriert er zum Beispiel Jahr für Jahr am 10. Dezember vor der chinesischen Botschaft in Berlin für die Freilassung des chinesischen Schriftstellers Liu Xiaobo. Und dem begeisterten Rufen nach zu urteilen, werden in diesem Jahr noch mehr Jugendliche an der Demonstration teilnehmen.

Der ehemalige VHS-Bereichsleiter und Politikwissenschaftler Klaus-Peter Hufer findet lobende Worte für die handlungsorientierten und lebensnahen Projekte, die Kühne ins Leben gerufen hat. „Demokratie und Menschenrechte erfährt man am besten außerhalb der Schulmauern“, so Hufer.

Strässer tritt als letzer Redner vor das Mikrofon und zeigt den Anwesenden den theoretischen Begriff der Menschenrechte an praktischen Beispielen auf. „Wenn man in Deutschland von den Kriegen in Syrien oder in anderen Teilen der Welt hört, sind das abstrakte Gebilde. Aber die Opfer sind real und die Aufgabe der Bundesregierung und somit auch unsere ist es, sich um die Oper zu kümmern“, erklärt der Beauftragte für Menschenrechtspolitik und führt weiter aus: „Es ist unsere Pflicht, die Flüchtlinge willkommen zu heißen und ihnen ein menschenwürdiges Leben in Deutschland zu ermöglichen.“

Auch zu dem aktuellen Thema „Pegida“ nimmt er Bezug: „Man muss die Zahl der Flüchtlinge in Relation sehen. Im internationalen Vergleich hat Deutschland verhältnismäßig wenig Schutzsuchende. Im Libanon zum Beispiel, der direkt an Syrien grenzt, sind 25 Prozent der Bevölkerung Asylsuchende. Umgerechnet auf Deutschland wären das 20 Millionen Menschen. Die momentane Flüchtlingszahl liegt bei 200.000. Von einer Islamisierung des Abendlandes kann nicht die Rede sein.“

Mit kleinen Beispielen aus seinem Alltag zeigt Strässer auf, dass Menschenrechte nicht nur ein abstraktes Wortgebilde sind, sondern in der realen Welt verteidigt werden müssen. So berichtet er von seiner Reise in den Irak oder von Kriegsverletzen aus der Ukraine, die dieses Recht nicht genießen durften. „Es ist notwendig, ein Exempel zu statuieren, denn eure Arbeit ist wichtig, um einzelnen Menschen zu helfen“, richtet Strässer seine Schlussworte direkt an die Schüler.