Wenn es bunt wird im Nettetaler Rat
Wer stimmt mit wem ab? Das ist die Frage angesichts der neuen Farbenlehre im Stadtrat mit jetzt sechs Fraktionen.
Nettetal. Das politische Leben in der Seenstadt ist bunter geworden- und komplizierter. Dieser Eindruck entstand jedenfalls bei der ersten Sitzung des neuen Stadtrates. Bei der Kommunalwahl am 30.August hatten die Bürger sechs Parteien und Wählergemeinschaften gewählt: CDU, SPD, FDP, Grüne, "Aktive Bürger für Kaldenkirchen" (AKB) und "Wir in Nettetal" (Win). Und die trafen am Dienstagabend zum ersten Mal offiziell aufeinander.
Der Auftakt war staatstragend: Alterspräsident Harald Post (70, CDU) vereidigte Bürgermeister Christian Wagner (38, CDU), der danach seine Antrittsrede hielt- wie die WZ bereits am Mittwoch berichtete. Geheim wurden dann Wagners Stellvertreter gewählt. Dafür gab es zwei Vorschläge: Die CDU schlug ihre beiden Ratsherren Harald Post und Horst Fänger vor, SPD und AKB schickten gemeinsam die SPD-Partei-Vorsitzende Claudia Schürmann ins Rennen.
Das Ergebnis war ein Beispiel für die neue Farbenlehre im Netettaler Stadtrat. Post und Fänger bekamen 33Stimmen- auf diese Zahl kommen CDU (21Sitze plus Bürgermeister), FDP (5), Grüne (4) und Win (2). Auf Claudia Schürmann entfielen zwölf Stimmen- das dürften die von SPD (9) und ABK (3) gewesen sein.
Kunterbunt war das Abstimmungsverhalten bei der Wahl der Ortsvorsteher für die sechs Stadtteile. Meistens enthielten sich SPD, Grüne und ABK der Stimme, während Win und Christdemokraten für die Vorschläge der CDU stimmten. Doch bei Ingo Heymann (Kaldenkirchen) sagte auch ABK Ja. Und im Fall von Heinz Robert Reiners (Leuth) gab es von SPD und ABK zwölf Nein-Stimmen. Zur Erklärung für dieses Verhalten: Der neue SPD-Fraktions-Chef Christian Schürmann hatte im Vorfeld laut darüber nachgedacht, ebenfalls als Ortsvorsteher für Leuth zu kandidieren...
Die Stimmung kippte, als es um die Besetzung der elf Ausschüsse und zwei weiterer Gremien ging. "Es haben nicht alle Fraktionen mit uns gesprochen" sagte ABK-Fraktions-Chef Hans Overhage beleidigt mit Blick auf die CDU. Deshalb gebe es keinen einheitlichen Wahlvorschlag für die Besetzung der Ausschüsse- obwohl die "Aktiven Bürger für Kaldenkirchen" gar keine anderen Namen als die übrigen Fraktionen ins Spiel bringen wollten. Dies wollte Overhage im Protokoll vermerkt wissen. Doch das ging seinem Vize Jörg Hebben nicht weit genug. Er bestand darauf: "Es gibt keinen einheitlichen Wahlvorschlag."
Die Konsequenz der juristischen Haarspalterei: Jede der sechs Fraktionen musste für jedes Gremium die eigenen Mitglieder wählen- und das 13Mal. Was theoretisch eine Sache von wenigen Minuten hätte sein können, wuchs sich praktisch zu einem Abstimmungs-Marathon aus, der annähernd eine dreiviertel Stunde verschlang. Das politische Leben in der Seenstadt ist eben bunter geworden- und komplizierter...