Kempen Wer braucht den Sportverband?

Die Zukunft des Verbandes ist nicht rosig. Vorsitzender von Brechan wird aufhören. Die Vereine zeigen wenig Interesse.

Kempen: Wer braucht den Sportverband?
Foto: Friedhelm Reimann

Kempen. Nicht weniger als die Rettung des Stadtsportverbandes (SSV) hatte sich der damals neue Vorsitzende im Sommer 2012 vorgenommen. Rund vier Jahre später ist Andreas von Brechan auf dem Weg zu diesem Ziel nicht sonderlich weit gekommen. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen und der Stadt klappt nach wie vor alles andere als reibungslos. Jüngster Beleg dafür war die Sportausschusssitzung am 1. März. Erneut war kein Vertreter des SSV anwesend. Und das, obwohl das Sportamt den Verband als direkten Ansprechpartner, als Bindeglied zu den Vereinen, ansieht. Vor allem in der jetzigen Phase, in der in verschiedenen Workshops ein neuer Sportentwicklungsplan auf den Weg gebracht werden soll.

Analyse

Sowohl von Brechan als auch sein Stellvertreter Frawi Tönnis seien beruflich verhindert gewesen, hieß es auf Anfrage der WZ. Schon bei der Sitzung des Ausschusses im November, als es um die Zukunft der Fußballplätze ging, war der Stuhl des SSV-Vertreters aus dem selben Grund leer geblieben.

Nach Kritik von Vereinen und vor allem von der Stadt Kempen hat Jurist von Brechan nun seinen Rückzug „aus beruflichen Gründen“ angekündigt. Nach der Sportlerehrung im April wird die Ära von Brechan enden (die WZ berichtete). Sein Stellvertreter Frawi Tönnis will zwar weitermachen, aber keinesfalls Vorsitzender werden. Das Amt des Geschäftsführers ist seit 2014 verwaist.

Einen neuen Geschäftsführer oder gar Vorsitzenden zu finden, dürfte aber eine Herkules-Aufgabe werden. Vor allem die großen Vereine in der Stadt — zum Beispiel die Vereinigte Turnerschaft (VT) — gehen seit Jahren ihren eigenen Weg. Gleich mehrere Vorsitzende von unterschiedlichen Vereinen, mit denen die WZ in den vergangenen Tagen gesprochen hat, zeigen wenig Bereitschaft, sich wieder im SSV zu engagieren. Sie treten nach eigenen Angaben direkt mit der Stadtverwaltung in Kontakt, falls es zum Beispiel Probleme in einer Halle gebe.

Zu den offiziellen Aufgaben des Verbandes gehören die Organisation der jährlichen Sportlerehrung, die Mitarbeit bei der Vergabe der Hallenzeiten und die schon erwähnte Vertretung der Vereine bei den Workshops mit Politik und Verwaltung. Letzteres hatte schon in den vergangenen Monaten für Kritik seitens der Vereine gesorgt. Sie fühlten sich durch den SSV nicht ausreichend repräsentiert. Handballer, Leichtathleten, Fußballer und Co. wollten lieber eigene Vertreter am Workshop-Tisch platzieren. Das will die Verwaltung nicht, weil der Kreis mit etwa 35 Vereinen dann zu groß würde.

Nun scheint bei diesem Thema eine Kehrtwende bevorzustehen. Sportdezernent Michael Klee ist jedenfalls „not amused“, dass sich die SSV-Vertreter derzeit so rar machen. Und seitens der Politik gibt es bereits Vorstöße, doch alle Vereine an den Konferenztisch zu holen. „Wir sollten nicht mehr darauf warten, dass der Stadtsportverband einen neuen Vorstand wählt“, hieß es aus den Reihen der CDU, für die Andreas von Brechan übrigens auch im Stadtrat sitzt.

Eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen SSV-Vorstand und den Vereinen hat es in der bisherigen Amtszeit von Andreas von Brechan nicht gegeben. Das machen verschiedene Vereinsvertreter immer wieder deutlich. Der SSV würde nicht ausreichend auf die Vereine zugehen. Andererseits bemängelt der SSV, dass es wenig Interesse von den Vereinen gibt, sich zu beteiligen. Intensive Gespräche, wie 2012 von von Brechan im WZ-Interview angekündigt, hat es offenbar nie gegeben.

Bleibt also die Frage nach dem Sinn des Stadtsportverbandes. Neben der Organisation der Sportlerehrung liefert der Vorstand derzeit nicht viele Argumente für die weitere Existenz des Verbandes. Die Teilnahme an den Workshops und die damit verbundene Einflussnahme auf den Sportentwicklungsplan wäre eine Chance für den SSV gewesen, sich wieder ins Spiel zu bringen. Diese Chance hat der Vorstand aber nun offenbar verstreichen lassen. Und somit wird die Rettung des Verbandes immer unwahrscheinlicher.