Zeitreise: Mode und Militär im Rokoko

Dieses Feldlager wurde in friedlicher Absicht errichtet: Rund um die Dorenburg im Niederrheinischen Freilichtmuseum drehten Darsteller die Zeit um 250 Jahre zurück.

Foto: Friedhelm Reimann

Grefrath. Rund um die Dorenburg wurde am Wochenende ein Feldlager errichtet. Gut 150 Darsteller, um größtmögliche Authentizität bemüht, entführten die Besucher in die Epoche des Rokoko — etwa 1720 bis 1780. Da wurde exerziert, aber auch auf offenem Feuer gekocht und ein Sonnenbad genommen. Nur in einem Punkt unterschied sich die Szenerie deutlich von der historischen Vergangenheit: Egal, in welcher Uniform man auch steckte, man vertrug sich, ist in vielen Fällen sogar miteinander befreundet. Wenn geschossen wurde, war alles nur Schall und Rauch.

Mira aus Berlin dürfte mit ihren 18 Monaten die Jüngste Darstellerin gewesen sein. Statt moderner Kinderkleidung trug sie das, was Kinder vor rund 200 Jahren trugen inklusive weißer Haube. Die Kleine gehörte zum Infanterieregiment von Kalkstein in der Zeit zwischen 1740 und 1786.

Dem gehörte auch Oberstleutnant Richard Puhlmann aus Erfurt an. Während ausgiebig vor dem Zelt gefrühstückt wurde, erklärte der 65-Jährige: „Friedrich der Große war auch im Sozialismus nicht verpönt, unter anderem, weil er die Schulpflicht für alle eingeführt hatte.“ Puhlmann kannte etliche der Darsteller: Man begegnet sich immer wieder, versteht sich blendend und die kleineren und größeren Scharmützel, wie es sie jetzt auch gab, dienen in erster Linie der Unterhaltung der Besucher.

25 Personen stark war das Infanterieregiment Nr. 6 von Hardenberg um den Meerbuscher Jörg Westerling. „Wir sind aus einem Schützenzug hervorgegangen“, sagte der 51-Jährige. Zur prächtigen Uniform gehören ein roter Rock, eine orangefarbene Weste, ein Säbel und ein Vorderlader. Sohn Paul machte als schmucker Kadett mit.

Wenn die Männer kämpften, war es üblich, dass die Frauen ihnen mit Kind und Kegel folgten. Und sie wären nie auf die Idee gekommen, ihre Männer zu bitten, bei der Hausarbeit zu helfen. Als sie jetzt das Geschirr in einer Holzmolle säuberten, waren sie unter sich — ein Stück Authentizität, das die Männer genießen. Weiße Hauben waren als Kopfbedeckung Pflicht — sie signalisierten fremden Männern, dass diese Frauen „unter der Haube“ sind.

Jörg Westerling und seine Mannen freuten sich auf die Gemüsesuppe mit Wursteinlage, während nicht weit entfernt Exerzierübungen durchgeführt wurden — los ging es mit einem Trommelwirbel. Bei einer Übung ging es darum, wie ein Soldat korrekt in sieben Schritten das Gewehr aufnimmt.

Vor etlichen Zelten stand eine Kanone, an den Zelten wehten den damaligen Originalen nachempfundene Fahnen. Gerhard Schulze in der prachtvollen Uniform des Königsregiments von 1713 bis 1740 kommt aus Kerpen. Er genoss die Ruhe vor dem Sturm, denn eine ruhige Zeit gab es im 18. Jahrhundert kaum mal. Also gehörten Konflikte dazu, um die Zeit wirklichkeitsnah abzubilden.

Auch das Handwerk spielte eine große Rolle. Hildegund Bemmann war aus der Nähe von Passau angereist, um ihre Mützen und Hauben feilzubieten. Einer ihrer Kunden war Michael Hiebinger aus Frankfurt am Main. In der blau-roten Uniform verkörperte der 53-Jährige einen deutschen Soldaten in einem französischen Subsidiärregiment, einer Art Fremdenlegion. „Der Herzog bekam Geld dafür, dass wir für den König Ludwig XV. kämpfen“, so Hiebinger. Bei Hildegund Bemmann kaufte er eine Mütze für seinen dreijährigen Sohn.

Bei Carola Pankrath aus der Nähe von Plauen, die als Kräuterfrau auftrat, gab es Löwenzahnlikör. Der pensionierte Lehrer Reinhold Plundrich hatte die 630 Kilometer weite Anreise aus dem Allgäu nicht gescheut, um Quirle aus Holz zu fertigen und andere Haushaltsartikel, wie es sie im 18. Jahrhundert gab, zu verkaufen.