Nettetal Das Scheich-Picknick ist für die Behörden schwer verdaulich

Bei der Aufarbeitung der Mittagspause des Herrschers von Dubai in Nettetal ist die Rolle der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei unklar.

Foto: Knaak

Nettetal/Düsseldorf. Das Mittagessen am 21. Juli in einem Nettetaler Naturschutzgebiet haben Scheich Muhammad bin Raschid al-Maktum und sein Tross längst verdaut. In verschiedenen Behörden sieht das anders aus: Dort muss das Picknick des Vize-Präsidenten der Vereinigen Arabischen Emirate (VAE) noch aufgearbeitet werden.

Dabei ist die Rolle der Staatskanzlei NRW im Vorfeld des Besuches des Herrschers von Dubai weiterhin unklar. Mit Blick auf den Austausch mit der Staatskanzlei NRW bleibt die Stadt Nettetal offiziell dabei, dass die Behörde von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) keineswegs Druck auf die Kommune ausgeübt habe, um das Picknick des Gastes aus Arabien zu ermöglichen. Es habe lediglich eine Rückfrage seitens des Nettetaler Beigeordneten Armin Schönfelder in Düsseldorf gegeben.

Wie berichtet, hatte die Pressestelle der Stadt zunächst davon gesprochen, dass neben der VAE-Botschaft auch Bundeskanzleramt und Staatskanzlei NRW in der Angelegenheit in Nettetal angefragt hätten. Von diesen „allerhöchsten Stellen“ sei der Stadt ans Herz gelegt worden, den Kurzbesuch des milliardenschweren Herrschers zuzulassen. In Folge einer Stellungnahme seitens der Staatskanzlei ruderte die Stadt dann aber zurück: Es habe keine Aufforderung aus Berlin oder Düsseldorf gegeben, „eine illegale Veranstaltung durchzuführen oder zu genehmigen“. Offiziell wird seiher von einer „Duldung“ durch die Stadt gesprochen.

Im Viersener Kreishaus, in dem die Untere Landschaftsschutzbehörde sitzt, ist im Vorfeld des kuriosen Picknicks das Signal angekommen, dass die Staatskanzlei dem Scheich-Besuch in Nettetal wohlwollend gegenüberstand. „Die Stadt Nettetal hat uns suggeriert, dass es der Wunsch der Staatskanzlei ist, die Mittagspause zu ermöglichen“, sagt ein Sprecher des Kreises Viersen auf Anfrage unserer Zeitung. Die Landschaftsschutzbehörde sei am Morgen des 21. Juli — also wenige Stunden vor dem Picknick — informiert worden. Der Kreis Viersen habe wegen der Kürze der Zeit die Veranstaltung „weder genehmigt noch geduldet“.

Offiziell sagen sowohl die Stadt Nettetal als auch die Staatskanzlei nichts mehr zu weiteren Details der Kontaktaufnahme aus. Auf die Frage unserer Zeitung, wann es ein Telefonat zwischen dem Nettetaler Beigeordneten Schönfelder und der Staatskanzlei gegeben habe, sagt eine Sprecherin der Stadt, dass dies nur „Herr Schönfelder selbst“ beantworten könne. Und dieser sei nun im Urlaub. Die Staatskanzlei bleibt bei ihrer Formulierung, dass es „im Vorfeld“ des Besuches eine Rückfrage aus Nettetal gegeben habe. Dabei habe man keinen Einfluss auf die Entscheidung der Stadt genommen.

Für die Sicherheit des Herrschers von Dubai hat am 21. Juli unter anderem der Verkehrsdienst der Düsseldorfer Polizei gesorgt. Das bestätigte ein Sprecher auf Anfrage. Im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Scheichs habe es „normale protokollarische Maßnahmen“ gegeben. Gästen vom Status der arabischen Hoheit stünden in Deutschland „gewisse polizeiliche Maßnahmen“ zu. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich um einen Privat- oder Staatsbesuch handelt. Im Fall von Muhammad bin Raschid al-Maktum betonen alle Behörden, dass er sich zu privaten Zwecken in NRW aufgehalten habe.

Die Düsseldorfer Polizei eskortierte den Tross des Scheichs vom Interconti-Hotel an der Königsallee bis ins Nettetaler Naturschutzgebiet. Der Behördensprecher erklärte, dass die Düsseldorfer Polizei zuständig war, weil der Scheich in dem Hotel in der Landeshauptstadt logiert hat. Die Einstufung, welche „protokollarischen Maßnahmen“ notwendig waren, erfolgten in diesem und auch in vergleichbaren Fällen mit dem NRW-Innenministerium.

Mit Blick auf eine Geheimhaltung wegen verschiedener Sicherheitsaspekte macht die Polizei keine weiteren Angaben zur Vorbereitung und zum Ablauf des Besuches. Auch zur Frage nach den Kosten für einen solchen Einsatz durfte der Sprecher keine Angaben machen.

In der 41 000-Einwohner-Stadt Nettetal gibt es derweil Aufregung um das pikante Detail, dass etwa zehn Flüchtlinge aus einer Notunterkunft kurzfristig in die Aufbauarbeiten eingebunden wurden. Dies löst unter anderem in den sozialen Medien heftige Kritik aus. Nach Angaben des Beigeordneten Schönfelder haben die Flüchtlinge „freiwillig und unentgeltlich“ die vom Scheich beauftragte Event-Agentur „unterstützt“ (wir berichteten).

Die Hilfe der Flüchtlinge dürfte auch im Düsseldorfer Landtag thematisiert werden. Laut Medienberichten will der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes (Kreis Viersen) eine Kleine Anfrage dazu stellen. Dabei soll es um die Rolle der Landesregierung gehen: Wann wurde sie über die Vorgänge in Nettetal informiert und wie bewertet sie den „kostenlosen Einsatz von Flüchtlingen für die Privatveranstaltung eines Herrschers“?