Haftstrafen für Haupttäter
Die Nettetaler Dealer müssen vier Jahre hinter Gitter. Ihre Kurierfahrer erhielten zwei Jahre Gefängnis — zwei von ihnen aber auf Bewährung.
Nettetal/Krefeld. Gefängnis, Dauerarrest und Sozialstunden: So lauten die Urteile im Prozess gegen sechs junge Nettetaler, die die Erste Große Strafkammer am Landgericht Krefeld am Donnerstagabend fällte. Die Hauptangeklagten müssen für mehr als vier Jahre in Haft.
Ob Schülerin, Abiturient oder Bauhelfer: Noch vor einem Jahr hatten sich die sechs jungen Leute aus Nettetal und Kempen ihre Zukunft anders vorgestellt. „Ich fand es cool und wollte einfach nur dabei sein,“ sagte der 24-jährige Nettetaler T. im Prozess. Nun muss er vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Im Herbst 2010 hatte er sich mit dem ebenfalls geständigen H. (21) zusammengeschlossen und einen recht schwunghaften Drogenhandel betrieben.
Über Monate hinweg besorgten die Beiden mit vier ihrer mitangeklagten Kurierfahrer etliche Kilos Marihuana, Amphetamine und Ecstasy-Tabletten bei Dealern in den Niederlanden. Bestellungen und Auslieferung an ihre Abnehmer weit über das Ruhrgebiet hinaus wurden über das Internet oder Handy mit Ausdrücken wie „Weißer Lack/Winkelschleifer“ für Amphetamine oder „Heckenschere/Schnittblumen“ für Marihuana getarnt.
Nach monatelangen Ermittlungen schlug die Polizei im Juli 2011 zu. Alleine bei den Festnahmen der jungen Leute, damals zwischen 14 und 23 Jahren alt, beschlagnahmten die Ermittler rund acht Kilogramm Amphetamine sowie 1000 Ecstasy-Tabletten im Straßenverkaufswert von rund 40 000 Euro. Bis auf den als Drahtzieher geltenden H. waren sowohl der Gärtner T. als auch die vier Kurierfahrer bis dato gar nicht oder nur geringfügig strafrechtlich in Erscheinung getreten.
H. jedoch, der die „Geschäftskontakte“ pflegte, ist einschlägig vorbestraft. Das auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingeholte psychiatrische Gutachten über ihn war deutlich: „Wenn es nicht so lief, wie er es sich vorstellte, wurde er aggressiv“, so der Gutachter vor Gericht. Der Psychiater sah das Motiv des geständigen Drogenkonsumenten H. nicht etwa in Beschaffungskriminalität oder gar einer schwierigen Jugend begründet. Vielmehr sei H. psychisch und körperlich gesund: „Das war nicht das Werk eines Abhängigen. Er kann wegen seines antisozialen und harten Vorgehens zur Rechenschaft gezogen werden.“ Vier Jahre und neun Monate Gefängnis, so das Urteil.
Vergleichsweise glimpflich ging der Ausflug ins Drogengeschäft für die Kurierfahrer aus. Die inzwischen 15-jährige Schülerin S. aus Kempen, in deren Handtasche rund 1000 Ecstasy- Tabletten gefunden worden waren, wurde als Mitläuferin mit einem zweiwöchigen Dauerarrest sowie 50 Sozialstunden belegt. Nach eigenen Angaben hatte sie nur bei ihrem damaligen Freund G. sein wollen. Der 22-jährige G. indes saß hinter dem Steuer eines der Kurierfahrzeuge und muss nun zweieinhalb Jahre hinter Gitter.
Dennoch herrschte Erleichterung, sowohl bei ihm als auch bei zwei Brüdern aus Nettetal. Die Staatsanwältin hatte wesentlich höhere Strafen gefordert und alle Beteiligten bis auf die 15-jährige S. im Gefängnis sehen wollen. Doch die zweijährige Strafe für die Kurierfahrten der beiden Brüder wurde sogar zur Bewährung ausgesetzt. Beide waren geständig und ohne Vorstrafen, so die Richterin bei ihrer Urteilsbegründung. Sie hätten ein stabiles Umfeld und daher seien wohl kaum weitere Straftaten zu erwarten.