Projekt soll Jugendliche vor der Schuldenfalle bewahren
Die Diakonie will die Folgen eines überzogenen Kontos spielerisch vermitteln.
Nettetal. Die Schuldnerberatung der Diakonie Krefeld und Viersen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Jugendliche so früh wie eben möglich darüber aufzuklären, wie gefährlich sich eine Verschuldung auswirken kann. Dazu gehört unter anderem der Aktionstag „Bank und Jugend im Dialog“, der jetzt zum 50. Mal stattfand.
„Wir haben dieses Konzept 1997 entwickelt. Heute sind wir damit erstmals in Nettetal“, sagte Helmut Peters, seit 25 Jahren Schuldnerberater der Diakonie. Ziel von „Bank und Jugend im Dialog“ ist vor allem die Prävention. Im ersten Schritt erhalten die Schüler Basisinformationen darüber, wie eine Bank und ein Girokonto funktionieren. Im zweiten Schritt werden die Konsequenzen gezeigt, wenn Rechnungen nicht mehr bezahlt werden können, und im dritten Schritt wird der Inhalt noch einmal spielerisch mit einem kleinen Quiz reflektiert und „perspektivisch entwickelt“.
Unterstützt wird Peters von Auszubildenden der Volksbank Krefeld in der Geschäftsstelle Kaldenkirchen und vom mobilen Krefelder Jugendtheater „Juckreiz“. Dazu stellt es für Schüler der neunten Klasse alltägliche Situationen nach. Das Theater zeigt, wo Schuldenfallen lauern. Dass diese Aufklärungsarbeit nötig ist, erlebt Schuldnerberater Peters regelmäßig. Immer wieder kommen Jugendliche zu ihm, die den Überblick über ihre Finanzen durch Handyverträge, Käufe auf Pump oder Kartenzahlung ohne gedecktes Konto verloren haben.
Joachim Sczyrba, Schulleiter Realschule Nettetal
Mit anderen präventiven Projekten ist die Diakonie sogar schon in Kindergärten unterwegs. „Dadurch, dass wir mit den Kindern und Jugendlichen bereits früh in Kontakt kommen, bauen wir spätere Berührungsängste ab“, sagt Peters. „Verschuldung kommt in allen Gesellschaftsschichten vor. Es gibt keine besonders prädestinierte Gruppe“, berichtet er.
Nettetals Realschulleiter Joachim Sczyrba ist froh über die präventive Arbeit der Diakonie, denn er hält das Thema für sehr wichtig. Zuletzt hatte das NRW-Schulministerium überlegt, das Fach Sozialwissenschaften durch Politik/Ökonomische Grundbildung zu ersetzen, es aber wieder verworfen. Sczyrba glaubt, dass Schulministerium sei momentan selber unschlüssig, wie es mit der Situation umgeht. Der Tweet einer Abiturientin vor einigen Wochen, in dem sie feststellte, ein Gedicht in vier Sprachen interpretieren zu können, aber nichts über Versicherungen und Steuern zu wissen, hatte bundesweit eine Debatte ausgelöst. Dahinein fällt auch das Thema Schulden-Prävention.
Denn Schulleiter Sczyrba erlebt im Alltag, dass Schüler bereits ein Problem mit Schulden haben. Neben der Schule seines Sohnes in Kempen gebe es einen Kiosk, in dem Schüler anschreiben lassen können. Zuletzt hatte der Betreiber in der Schule angerufen, weil Schüler offenen Zahlungen nicht begleichen, berichtete Sczyrba. Auch bei Jugendlichen beliebte Handyspiele — sie sind an seiner Schule untersagt — werden schnell zur Kostenfalle durch die In-App-Käufe zur Aufrüstung. „Da entsteht schnell sozialer Druck auf dem Schulhof“, erklärt der Schulleiter. So hält er Lehrerfortbildungen in diesem Bereich für sinnvoll, denn die „schaffen ein neues Bewusstsein“.