Skulptur „Zirbel“ erhitzt die Gemüter

Nach Aufstellung der Bronze-Plastik von Gereon Krebber im Skulpturen-Park hagelte es Kritik in den sozialen Medien. Am Sonntag wird seine Ausstellung eröffnet. Sie zeigt auch mumifizierte Ratten.

Viersen. Freitagnachmittag glich die Städtische Galerie einer Baustelle. Im Zwischengeschoss rührte Gereon Krebber 20 Kilogramm Gelatine an, im Obergeschoss hantierte ein Helfer mit Klebeband, um aus 7,5 Kilometer Luftkissen und mehreren Mülltüten eine überdimensionale Nachbildung der Skulptur „Zirbel“ zu schaffen. Der Neuzugang im Skulpturenpark erhitzt die Gemüter, seit er aufgestellt wurde. Am Sonntagmorgen wird Krebbers Bronze-Plastik„Zirbel“ übergeben. Mit der Übergabe wird auch die Ausstellung des in Köln lebenden Bildhauers eröffnet. Sie soll auch einen Zugang zu der umstrittenen Skulptur schaffen.

Foto: Knappe

Gereon Krebber, Künstler

Nachdem die Plastik aufgestellt worden war, hatte es in den sozialen Medien ungehobelt Kritik gehagelt. Manche verglichen sie mit einem Hundehaufen. Andere kritisierten, dass dafür Geld ausgegeben werde, das man sinnvoller für Kindergärten und Schulen einsetzen könne. „Wenn es der Stadt Viersen mal richtig schlecht geht, dann kann man die Skulpturen ja an einen holländischen Schrotthändler verhökern“, lästerte einer. Wer an dem neuen Kunstwerk am Busbahnhof Anstoß nimmt, dem könnte ein Exponat der Krebber-Ausstellung in der Städtischen Galerie besonders missfallen: Im ersten Obergeschoss hängt ein Mobile mit mumifizierten Ratten, mal aufgehangen am Schwanz, mal am Kopf. Das „Material“ hat sich Krebber in einer Zoohandlung besorgt. „Dort gibt es tote Ratten als Schlangenfutter zu kaufen“, sagt der 45-Jährige. Auch ein teils blinder Spiegel ist Teil des Werks und verleiht dem tristen Mumien Vielschichtigkeit. „Wir alle kennen Mobiles, die man über dem Wickeltisch aufhängt. Mein Mobile ist ein Abgesang auf modernistische Ideen“, sagt Krebber.

Statt schöner Formen schweben nun die Tierkadaver im Niemandsland. Auf die Ratten sei er gekommen, weil es Tiere sind, die oft abgelehnt werden. „Keiner will sie. Man verbindet sie mit Dreck und Pest.“ Bei aller Gruseligkeit demonstriert das Ratten-Mobile Krebbers Kunst: Der Professor der Kunstakademie Düsseldorf mag das Zwiespältige, das Organische, an dem der Zahn der Zeit nagt, er mag die Zersetzungs- und Zerstörungsprozesse. Er nimmt in Kauf, dass er damit provoziert.

Die Reaktionen auf die „Zirbel“ schockieren Krebber daher keineswegs: „Ich kann das nachvollziehen. Kunst muss man auch ästhetisch verdauen. Man kann nur nicht die Kunst gegen alle Leiden dieser Welt ausspielen.“ Nicht alle seine Werke wirken abstoßend. Am Eingang der Galerie im Erdgeschoss steht für manche Viersener ein nahezu niedlicher, alter Bekannter: eine comichafte Tierbüste mit einer Zigarette im Maul. Sie trägt den Titel „Der Raucher“. „Sie war im Jahr 2000 schon mal zu sehen. Damals hatte sich Krebber um den Ernst-Klusen-Preis beworben’“, sagt Jutta Pitzen, Leiterin der Galerie. Selten sind die Werke von Krebber figürlich. Auch die liegende, riesige Puppe gehört dazu. „Glomen“ dagegen ist eine schwarz-glänzende, in Blöcken angeordneten Bauschaum-Plastik. „Das eckige Gegenstück zur Zirbel“, sagt Krebber lachend. In und an den Blöcken sieht man die Struktur ineinander gepresster Würmer. Auf dem Treppenabsatz der Galerie liegt oder vielmehr wabbelt ein weiteres Kunstwerk: Die „Reprise“ ist ein violetter Gelatine-Block. Es war das organische Material, das Krebber faszinierte.

Bis zum 22. Juli sind die Exponate von Gereon Krebber in der Städtischen Galerie, Rathauspark 1, zu sehen. Der Eintritt ist frei.