Stadt streitet um Flüchtlingsplätze

Viersen und das Land NRW sind verschiedener Auffassung über die Unterbringung im ehemaligen Kaiser’s-Hochhaus.

Foto: Jörg Knappe

Viersen. In einem Punkt sind sich Bezirksregierung Düsseldorf und Stadt Viersen einig: Bis zu 600 Asylbewerber können in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) am Lichtenberg, im ehemaligen Kaiser’s-Hochhaus, untergebracht werden. „So steht es auch im Mietvertrag“, sagt Viersens Erster Beigeordneter Paul Schrömbges. Für Probleme zwischen der Stadt als Vermieter und dem Land Nordrhein-Westfalen als Mieter sorgt die Formulierung „bis zu“. Denn das Land plant, 400 statt 600 Plätze in dem ehemaligen Kaiser’s-Hochhaus zu belegen. Das würde bedeuten, dass die Stadt Viersen ihrerseits 200 Flüchtlinge mehr als vorgesehen aufnehmen müsste. Damit seien natürlich Kosten verbunden, sagt Schrömbges. Das möchte er nicht hinnehmen.

Darum habe die Stadt Viersen in einem Anfang Februar verschickten Schreiben an die Bezirksregierung verlangt, dass die Höchstanzahl von 600 Plätzen angerechnet wird, sagt Schrömbges. „Bisher haben wir darauf noch keine Antwort bekommen.“ Mittlerweile sind die ersten Bewohner in das Hochhaus eingezogen: Am 1. März kamen sie aus dem Westbalkan und Georgien dort an. Nach Angaben der Bezirksregierung leben am Lichtenberg inzwischen 276 Flüchtlinge. Noch bis Oktober 2015 war das Gebäude als Notunterkunft genutzt worden, danach stand es leer. Die Stadt Viersen hatte es zwar schon für 1,95 Millionen Euro als Zentrale Unterbringungseinrichtung für das Land hergerichtet, doch es gebe keine Baugenehmigung, der Brandschutz sei nicht erfüllt, warf die Bezirksregierung ihrem Vermieter damals vor. Sie überwies die 82 000 Euro Monatsmiete nicht mehr, bis der Kreis Viersen als Obere Baubehörde feststellte, dass alles rechtmäßig sei.

Stefanie Klockhaus, Sprecherin der Bezirksregierung

„Die ausstehenden Mietzahlungen wurden wieder aufgenommen und auch die ausstehenden Beträge beglichen“, sagt Stefanie Klockhaus, Sprecherin der Bezirksregierung. Dass für die Unterkunft am Lichtenberg 400 statt 600 Plätze vorgesehen seien, hänge mit der Gesamtplanung des Landes für die Unterbringung von Geflüchteten zusammen, ergänzt sie. Um einen kurzfristig steigenen Platzbedarf decken zu können, werden am Lichtenberg aber 140 sogenannte Standby-Plätze vorgehalten. Klockhaus erklärt: „Dies sind Plätze, die zunächst nicht belegt werden. Für den Fall, dass die Zahl der Flüchtlinge wieder deutlich ansteigt, ist es unabdingbar, Reserven vorzuhalten.“ Davon werden der Stadt Viersen jedoch nur zehn Prozent angerechnet. Zu den 400 Plätzen kommen also 14 hinzu. Bleiben immer noch 186 Flüchtlinge mehr als geplant, die sie unterbringen müsste.

Räume gebe es genug, sagt Schrömbges. „Aber die Stadt muss für die Flüchtlinge ja bezahlen.“ Susanne Peters, Koordinatorin im Bereich Asyl der Stadtverwaltung, erklärt, pro Kopf habe die Stadt 2016 im Monat für einen Flüchtling 960 Euro ausgegeben, zum Beispiel für psychologische Betreuung und Krankenhausaufenthalte. 2017 seien es bisher 632 Euro gewesen. „Dazu kommen aber noch Kosten für Gebäude, Mieten, Personal, Sanierungen, Krankenhilfe — das ist ein Riesenpaket.“

Schrömbges rechnet damit, dass die Stadt ab Sommer wieder Asylbewerber im laufenden Verfahren aufnehmen und unterbringen muss. Und: „Eine Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes wird dazu führen, dass eine Abschmelzung der insgesamt angerechneten 414 Plätze aus der ZUE Lichtenberg um insgesamt 200 Plätze zum 1. Juli und 1. August erfolgt“, schreibt er in einer Sitzungsvorlage für den Sozialausschuss der Stadt.