Tönisvorst/Krefeld Vauth-Verteidiger strapaziert die Nerven der Beteiligten

Auch am dritten Verhandlungstag hält die Verzögerungs-Taktik an. Der Prozess wurde auf den 20. April vertagt.

Foto: Strücken

Krefeld/Tönisvorst. Wer als Zuschauer im Prozess gegen Lothar Vauth und dessen Ehefrau Jessica vor dem Landgericht auf ein Geständnis und Einsicht in verwerfliches Handeln wartet, wird enttäuscht. Am dritten Verhandlungstag verlässt das Gros des Publikums bereits nach einer Stunde den Gerichtssaal.

Strafverteidiger Daniel Wölky strapaziert die Nerven aller Prozessbeteiligten — auch wenn alle nach außen Gleichmut zur Schau tragen. Der junge Rechtsanwalt hatte am zweiten Tag den Antrag angekündigt, die Zuständigkeit oder Besetzung der Strafkammer anzuzweifeln. Nachdem die Staatsanwaltschaft die Anklage verlesen hatte, erhielt der Verteidiger das Wort, um diesen Antrag zu begründen. Seitdem redet er ununterbrochen — wie die Dauerreden im US-Senat, die das ganze Verfahren absichtlich lähmen.

Auch Wölky hat es mit dem ebenso minuziösen wie monotonen Verlesen von Kreditkartenbelegen und Kontoüberweisungen aus den Akten der Staatsanwaltschaft erfolgreich geschafft, den Fortgang des Verfahrens mit Befragung der Angeklagten und von Zeugen zu verhindern. Immerhin geht es um 923 Fälle und eine Gesamtsumme von 1,9 Millionen Euro, die veruntreut worden sein soll. Seinen eigentlichen Antrag zur Besetzung der Kammer ist der Anwalt bisher noch nicht losgeworden. Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin Ellen Roidl-Hock, ob er diesen nicht schriftlich einreichen wolle, entgegnete er, es unbedingt mündlich machen zu müssen.

Gestern begann die Verhandlung um 10 Uhr. Um 10.52 Uhr gab es eine erste kurze Pause, weil die Angeklagte Jessica Vauth (sie hatte in der Kanzlei als Bürovorsteherin die Buchhaltung geführt) darum bat, auf Toilette gehen zu dürfen. Um 12.01 Uhr zog Lothar Vauth nach einem Blick auf die Saaluhr am Talar des Verteidigers. Das Gericht beschloss eine halbstündige Mittagspause. Um 12.40 Uhr fragte die Staatsanwältin den Anwalt, ob sein Mandant schlafe. Nein, er hatte nur die Augen zu. Um 12.57 Uhr erklärte der Verteidiger, sein Mandant sei erschöpft. Die Richterin vertagte den Prozess auf den 20. April.

Bei den genannten Summen von Kreditkarten und Überweisungen, die Lothar Vauth über die Sozietät abgewickelt haben soll, dreht sich vor dem inneren Auge das Kaleidoskop eines mondänen Lebens. Allein mit den beiden Kreditkarten, die nur für interne Ausgaben der Kanzlei gedacht waren, sind laut Staatsanwaltschaft in 57 Fällen private Vergnügungen über 23 000 Euro bezahlt worden: Damen- und Herrenbekleidung, Parfüms, Restaurantbesuche und immer wieder Reisen. Teils alle zwei bis drei Wochen waren die Eheleute unterwegs. Gerne und oft in der niederländischen Gemeinde Noordwijk. Auch eine Rechnung für das Luxushotel Schloss Bensberg in Bergisch-Gladbach mit Sterne-Küche wurde genannt. Selbst Kosten für das Auto des Schwiegervaters soll Vauth über die Kanzlei abgerechnet haben.

Die Aufzählung all dieser Positionen zaubert bei dem ansonsten scheinbar unbeteiligten Angeklagten immer wieder eine Reaktion bis hin zu einem Lächeln ins Gesicht. Seinen Ex-Kollegen ist das Lachen längst vergangen. Sie sehen dies alles als nicht autorisierte private Ausgaben an. 2009 hatten sie Vauth angezeigt. Inzwischen musste die Kanzlei Insolvenz anmelden. Im September 2016 wurde Vauth zivilrechtlich verurteilt, 348 000 Euro an den Insolvenzverwalter der Kanzlei Dr. Stöber und Partner zu zahlen.

Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete die 1967 gegründete Krefelder Sozietät 2011 als „die rote Kanzlei“. Ihr gehörte zeitweise auch SPD-Mitglied Lukas Siebenkotten an, der bis 1999 Bürgermeister von Willich war. Heute ist der Anrather Direktor des Deutschen Mieterbundes in Berlin.

Der Name „Siebenkotten und Partner“ taucht im Laufe der Ausführungen von Wölky mehrfach als Verwendungszweck für Überweisungen vom Konto der Kanzlei an Lothar oder Jessica Vauth auf — vielfach in glatten Beträgen von 2000 Euro. hb, yb