Kempen Fraktionen vermissen Visionen für Kempen
Die Haushaltsreden wurden genutzt, um wichtige Themen der nächsten Jahre ins Spiel zu bringen.
Kempen. Die Zustimmung des Rates zum Haushalt ist in der Regel Formsache. Schließlich wird der Etatentwurf Jahr für Jahr in den Fachausschüssen vorberaten. So war es auch keine Überraschung, dass der Haushalt 2017 von Kämmerer Jörg Geulmann den Stadtrat am Dienstagabend passiert hat — gegen die Stimmen von Grünen und Linken (die WZ berichtete gestern). Allerdings nutzten die Fraktionsvorsitzenden ihre Haushaltsreden, um mehrere wichtige Themen und Planungen für Kempen anzusprechen.
Wilfried Bogedain (CDU) merkte an, dass das Defizit von einer Million Euro „offensichtlich nicht mehr beunruhigt“. „Vielleicht liegt es daran, dass die Haushalte der vergangenen Jahre erheblich höhere Unterdeckungen auswiesen“, so Bogedain. „Vielleicht aber auch daran, dass die tatsächlichen Abschlüsse der vergangenen Jahre zu einem erheblich besseren Ergebnis als prognostiziert geführt haben.“ Jüngst gab es für Kempen überraschenderweise höhere Gewerbesteuereinnahmen. Bogedain verwies aber auf die Unzuverlässigkeit dieser Steuer und plädierte dafür, am eingeschlagenen Spar- und Konsolidierungskurs festzuhalten.
Bogedain unterstrich aber auch, dass die Stadt wichtige Aufgaben habe, für die Geld ausgegeben werden müsse. „Allen voran steht die Sanierung unserer Schulen mit einem Mittelansatz von mehr als acht Millionen Euro im Finanzplanungszeitraum“, so der Fraktionsvorsitzende der CDU.
Andreas Gareißen (SPD) stellte infrage, „ob der heute vorliegende Entwurf und die dazugehörige Finanzplanung realistisch ist“. Schließlich hätten steigende Personalkosten, die enorme Gesamtverschuldung und Projekte wie Burg und die Sanierung des Rathauses noch keine Berücksichtigung gefunden. Grundsätzlich stimme die SPD dem Haushalt aber zu, so Gareißen und unterstrich die Kernaussage seiner Rede. Er appellierte an die Gemeinsamkeiten aller Fraktionen und der Verwaltung. „Wir stehen an einem Punkt, an dem wir uns überlegen müssen, was wollen wir für Kempen.“ Es müsse ein Gesamtplan für die Zukunft her. Gareißen: „Der uns heute vorliegende Haushalt muss der letzte sein, der sich nur mit dem Jetzt beschäftigt.“
Zukunftsvisionen vermisste auch Grünen-Fraktionschef Joachim Straeten im Etatentwurf. Daher nahm er die Zuhörer in seiner Rede mit auf eine Reise ins Jahr 2030. Bis dahin müssten sich Politik und Verwaltung mit zukunftsweisenden Themen auseinandersetzen: unter anderem eine bessere Verwaltungsorganisation und Personalbedarfsplanung sowie die Bereitstellung von preiswertem Wohnraum. Wie Gareißen stieß auch Straeten eine intensive Zusammenarbeit der Fraktionen und der Verwaltung an: „Lassen Sie uns gemeinsam Ziele für Kempen 2030 definieren.“
Für die FDP stellte Irene Wistuba den dringenden Handlungsbedarf im Schulbereich heraus. Kempen dürfe den Anschluss an die digitale Zukunft nicht verlieren. „Die gegenwärtige IT-Ausstattung entspricht nicht dem Stand der Technik“, so Wistuba. Beim Thema Sport erinnerte die Liberale daran, dass die Fußballer in Tönisberg und St. Hubert auf einen neuen Sportplatz warten. Eine zentrale Sportstätte in Kempen gehe am Vereinsleben vorbei.
Udo Kadagies (Freie Wähler Kempen) sah das ähnlich: „Auch den Fußballern in St. Hubert und Tönisberg sollte Möglichkeit eröffnet werden, auf einem Kunstrasen zu spielen.“ Dringende Sanierungen und Neubauten seien wichtiger als ein „überambitionierter Sportentwicklungsplan“.
Günter Solecki (Die Linke) kritisierte unter anderem, dass viele Entscheidungen in „Scheingremien“ getroffen würden. Politische Diskussionen gehörten in die öffentlichen Fachausschüsse. Vor allem der Ältestenrat würde für „interne Absprachen missbraucht“.