Ausstellung: Ein Riss durch das Leben

Bilder von verschleppten ukrainischen Arbeiterinnen im Rheinland.

Viersen. Fritz Meies war sichtlich bewegt, als er im Stadthaus die Ausstellung vor rund 60 Gästen eröffnete. "Riss durchs Leben" heißt sie und dokumentiert die Erinnerungen ukrainischer Zwangsarbeiterinnen im Zweiten Weltkrieg im Rheinland. "Mich überkommt es, wenn ich so etwas lese und sehe", so Meies, Vorsitzender des Hilfsvereins "Freunde von Kanew" (Ukraine). Er zitierte aus einer Rede des SS-Reichsführers Heinrich Himmler aus dem Jahre 1943. Sie verdeutlichte, wie brutal das Naziregime vorging: "Wie es den Russen geht, ist mir total gleichgültig. Wir brauchen sie als Sklaven für uns."

Fast andächtig lauschten die Besucher den Worten von Meies, gingen stumm durch die Ausstellung, schüttelten den Kopf und konnten das Unfassbare kaum fassen.

Marzelina M., 1923 geboren, sprach nach 60 Jahren das aus, was sie in all den Jahrzehnten seit dem Ende des Krieges nicht konnte: "Wir waren jung, wir wollen gut aussehen und jemanden lieben und geliebt werden. Doch wir waren nackt und hungrig und haben den Tod jede Minute erwartet."

Magdalina H. ergänzte: "Ein ganzes Brötchen allein für mich zu essen zu haben war ein Traum für mich." Die 81-jährige Alina M.: "Ich habe das Gefühl, dass ich nie mein eigenes Leben gelebt habe."

Wer einen Rundgang durch die Ausstellung macht und das Stadthaus verlässt, tut dies nachdenklicher als zuvor. "Schicksale werden deutlich gemacht und wir haben zu den Menschen eine Beziehung", so Fritz Meies. Er erinnerte daran, dass junge Menschen von 16, 17 Jahren aus den Familien gerissen wurden. Als sie wieder zurückkamen mussten sie ein Jahrzehnt in Russland arbeiten.

1994 machte Meies selbst die Bekanntschaft einer Zwangsarbeiterin in der Ukraine. Sie hatte bei der Viersener Textilfirma Pongs und Zahn gearbeitet. In einem kleinen Dorf nahe Viersens Partnerstadt Kanew besuchte er sie. Sie sah ihn lange Zeit nur an und fiel ihm dann um den Hals.

Stolz berichtete Meies, dass das Viersen-Büro in Kanew 1999 für Zwangsarbeiterinnen 7000 Anträge auf finanzielle Entschädigung aus Deutschland ausgefüllt habe.

Die Ausstellung des Landschaftsverbands Rheinland wird auch nach Kanew gehen. Meies abschließend: "So etwas darf nie mehr geschehen."