Bilder aus dem Stadtarchiv
Am Sonntag sind auch Räume für Besucher zugänglich, die sonst tabu sind.
Viersen. Nein, das Stadtarchiv ist kein Ort für verstaubte Bücher. Davon kann sich jeder beim Tag der offenen Tür am Sonntag, 19.Oktober, von 11 bis 18 Uhr überzeugen. Dann stellen die Mitarbeiter die von ihnen betreuten Räume vor: Linda Godry ist für das Bildarchiv mit 15000 Bildern zuständig, die meisten davon digitalisiert. Wie das Zeitungsarchiv funktioniert, das bereits in großen Teilen auf Microfilm kopiert ist, zeigt Irina Schmitz. Auch der Magazin-Trakt ist zugänglich, der sonst für die Öffentlichkeit tabu ist.
Marcus Ewers, Archiv-Leiter
Vor allem die Familienforscher sorgen dafür, dass die Bücher keinen Staub ansetzen. "Die stellen die größte Nutzergruppe", sagt der Leiter des Archivs, Marcus Ewers. Sie kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. "Aber auch aus Amerika, Neuseeland und Australien."
Wie man dabei vorgehen sollte, erläutern die Mitarbeiter des Archivs und Hans Maaßen, vom Arbeitskreis Familienforschung des Vereins für Heimatpflege. Mit den Bevölkerungslisten, die an diesem Tag zu erwerben sind, leistet er für solche Forscher wertvolle Vorarbeit.
Die Bände für Boisheim und Süchteln liegen neu auf, Ewers hat sie mit Karten angereichert. Dabei greifen sie auf Daten aus den Jahren 1812 zurück - das Napoleonische Kataster. Für Boisheim wurden auch solche aus preußischer Zeit von 1824 aufgearbeitet. Dabei stoßen die Forscher auf Sprachprobleme: "Die sind zum Teil in alter ostlimburger Sprache verfasst", einer Sonderform des Niederländischen, sagt Maaßen. Der letzte Band, Dülken, ist bereits in Arbeit.
Ebenfalls um Dülken geht es in der Arbeit von Heinz Boukes, aus der er erste Erkenntnisse ab 16.30 Uhr vortragen wird. Es geht um den Alltag in der Nazi-Zeit. Dabei musste er vor allem aus Zeitungsarchiven forschen, denn Akten wurden bis zum Eintreffen der Amerikaner in der Stadt vernichtet. "Da soll tagelang der Schornstein im Rathaus gequalmt haben."
Trotzdem kann er Verhaftungen aus politischen Motiven dokumentieren, weiß, dass Straßen umbenannt wurden, dass beim christlich motivierten Martinszug das Horst-Wessels-Lied gesungen wurde und schließlich sogar der Karnevals-Prinz treuer Nazi sein musste.