Gesellschaft unter Beschuss

Die Parteien im Kreistag wollen die Arbeit der Wirtschaftsförderung auf eine neue Grundlage stellen. Der Landrat wehrt sich.

Kreis Viersen. Mackenstein in Viersen, Münchheide in Willich: Für diese großen Gewerbegebiete sucht die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) des Kreises ansiedlungswillige Unternehmen - und rührt dafür extra die Werbetrommel in Amsterdam, um Firmen aus Belgien oder den Niederlanden zu locken. Bei der Immobilienmesse Provada in der holländischen Hauptstadt wirbt die WfG nächsten Monat für den Standort Kreis Viersen.

Doch die internationalen Aktivitäten der WfG scheinen vor Ort niemanden so recht zu interessieren. Die Kommunalpolitik im Kreis Viersen ist derzeit eher damit beschäftigt, Störmanöver zu inszenieren und die Arbeit der WfG in Misskredit zu bringen.

Warum, das weiß allerdings niemand so recht. Jahrzehntelang hat die WfG an ihrem Auftrag gearbeitet, die soziale und wirtschaftliche Situation des Kreises zu verbessern und dazu Gewerbe, Industrie, Wohnen und Naherlung zu fördern. 1971 war die Gesellschaft gegründet worden; ihr gehören der Kreis sowie die neun Städte und Gemeinden an. Hauptaufgabe: Grundstücke erwerben und vermarkten.

Kritik an der Arbeit gab es dabei kaum. Beschlüsse im Aufsichtsrat, dem unter anderem die neun Bürgermeister im Kreis angehören, wurden meist einvernehmlich gefasst. Und man habe erfolgreich gearbeitet, betont WfG-Geschäftsführer Rolf Adolphs: "Wir haben in den letzten zehn Jahren 50 Hektar Gewerbeflächen an 97 Unternehmen verkauft."

Doch seit der Kommunalwahl im vergangenen Herbst hat sich das Klima rund um die Wirtschaftsförderungsgesellschaft verändert. Die Kreistagsfraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen haben sich in seltener Einmütigkeit darauf verständigt, die Arbeit der WfG neu zu ordnen. Konkrete Kritik gibt es dabei nicht; pauschal heißt es, es sei zu wenig geschehen, es gingen zu wenig Impulse für die Wirtschaftsförderung aus.

Deshalb will die "Große Koalition" den Gesellschaftsvertrag der WfG durch den Kreistag ändern lassen. Er entspreche nicht mehr den geänderten Anforderungen des Gesellschaftsrechts; gerade die Pflichten der Aufsichtsräte hätten sich verändert.

Schon unmittelbar nach der Wahl hatte die Politik die Besetzung des Aufsichtsrates verändert. Statt 16 gibt es nun 19 Mitglieder, die Position der Politik ist durch mehr Kreistagsabgeordnete gestärkt worden.

Ziel dieser überparteilichen Initiative scheint WfG-Geschäftsführer Rolf Adolphs zu sein. "Der wird sturmreif geschossen", sagt ein Mitglied des Aufsichtsrates. Zunächst habe man erfolglos versucht, ihm Fehler bei der Jagd im WfG-eigenen Revier im Brachter Wald anzuhängen und ihn zum Rückzug zu bewegen; nun versuche man es über Formalismen.

Doch Landrat Peter Ottmann stellt sich vor Adolphs und die WfG. Deren Arbeit habe in den vergangenen 40 Jahren dem Kreis gut getan; nun spiele das parteipolitische Kalkül eine überbordende Rolle. Der Gesellschaftsvertrag sei bereits gründlich überprüft und für die Zukunft neu positioniert worden. "Es gibt keinen Grund, den Gesellschaftsvertrag zu ändern und erneut Kosten zu produzieren", so Ottmann.

Das wiederum bringt SPD-Chef Udo Schiefner auf die Palme. "Hinter jedem Gebüsch wird ein nicht vorhandener Bösewicht gegen Geschäftsführer Adolphs vermutet", sagt Schiefner. Und erwartet vom Landrat "den notwendigen Respekt im Umgang mit dem Kreistag".

Vor diesem Hintergrund kann die Delegation der Wirtschaftsförderungsgesellschaft entspannt nach Amsterdam fahren und Werbung für den Kreis Viersen betreiben.