Kamp-Lintfort: Opfer aus Langeweile zu Tode geprügelt
Mordverdacht: Vier Jugendliche sollen den Obdachlosen in Kamp-Lintfort terrorisiert haben.
Kamp-Lintfort. Die Tat ist grausam, das Motiv erschreckend: Vier Schüler aus Kamp-Lintfort sollen vergangenen Samstag aus Langeweile den Obdachlosen Klaus B. angepöbelt haben. Zwei von ihnen werden beschuldigt, dem 51-Jährigen so starke Kopfverletzungen zugefügt zu haben, dass er an seinem Blut erstickte. Die 16- und 17-jährigen Jungen wurden am Donnerstag festgenommen, gegen den Hauptverdächtigen wurde Haftbefehl wegen Mordes erlassen.
Das Opfer sitzt nichtsahnend in seinem Corsa auf einem Parkplatz am Pappelsee, als die Jugendlichen es am späten Abend in ein Gespräch verwickeln. Doch die Jungen wollen nicht reden, sie wollen provozieren.
Die Mordkommission berichtet von ihren Ermittlungsergebnissen: Sie wackeln am Auto und reißen die Kennzeichen vom Wagen, dem einzigen Dach, dass der Mann noch über seinem Kopf hat. Der Hauptverdächtige springt erst auf die Motorhaube, dann aufs Dach. Anschließend tritt er eine Seitenscheibe ein.
"Sie waren massiv am Fahrzeug tätig", beschreibt Arndt Rother, Leiter der Mordkommission, den schwer beschädigten Opel. Einer der vier verabschiedet sich von der Gruppe, weil er nach Hause muss. Einem anderen wird die Situation zu brenzlig - auch er verschwindet wenige Minuten später. Hilfe ruft keiner von beiden.
Auch die beiden mutmaßlichen Haupttäter (beide 16) lassen von Klaus B. ab. Aber nur wenige Minuten. Vermutlich weiß Klaus B. sich nicht besser zu wehren und nimmt seine Peiniger mit seiner Handykamera auf. Aus dieser Sequenz stammt auch die Audio-Datei, mit der die Polizei nach den Tätern suchte. Was anschließend passiert, ist noch nicht ganz geklärt.
Wahrscheinlich rastet der Hauptverdächtige aus und schlägt auf den stark sehbehinderten Mann ein. Dann lässt er sein Opfer liegen, setzt sich hinters Steuer des Corsas und fährt rund 600 Meter weg. Mit seinem Freund, der die ganze Zeit in der Nähe war, geht der 16-Jährige anschließend an seinem sterbenden Opfer vorbei und verschwindet zurück in die Stadt.
Die Polizei ist zunächst ratlos. Auch die Audio-Datei mit der Stimme des mutmaßlichen Täters hilft nur bedingt. Den entscheidenden Hinweis bekommt die Mordkommission aus der "Gerüchteküche Kamp-Lintforts", wie Arndt Rother es nennt: Das Quartett hat mit seiner Tat geprahlt.
Am Donnerstag laden die Beamten den aus Ex-Jugoslawien stammenden Hauptverdächtigen aufs Revier und konfrontieren ihn mit den Ermittlungsergebnissen: Finger- und Schuhabdrücke am Tatort stimmen mit denen des 16-Jährigen überein. Der Jugendliche gesteht. Arndt Rother beschreibt ihn als abgebrüht. "Er war emotionslos." Seine drei Freunde werden ebenfalls festgenommen. Auch sie legen Geständnisse ab. Alle vier sind wegen Gewaltdelikten bekannt.
Ob Klaus B. mit Fäusten geschlagen, getreten oder mit einem Gegenstand geprügelt wurde, ist noch unklar. Auch, welche Rolle der zweite Hauptverdächtige genau spielte. Ob es zu einer Hetzjagd kam, wie in mehreren Medien gemutmaßt wurde, will die Polizei nicht bestätigen. "Ein paar unserer Spuren stimmen nicht mit den Teilgeständnissen überein", sagt Rother. "Wir müssen noch einiges klären."