Viersche Helau Von Prinzen, Senatoren und Oavermöhnen

Viersen · Es ist sein drittes Buch über den Viersener Karneval: Jetzt legt Günter Weinforth, Ehrenpräsident des Festausschusses, eine Dokumentation des jecken Stadtgeschehens von 1945 bis 2006 vor.

Im Stadthaus präsentierte Autor Günter Weinforth sein neues Buch. Mit dabei Bürgermeisterin Sabine Anemüller und Ortsbürgermeister Willy Bouren.

Foto: Heribert Brinkmann

„Suchen Prinzen von guter Statur, der mit goldenem Humor und Börse gesegnet ist, für 14 närrische Tage“. So begann für die Große Viersener Karnevalsgesellschaft das jecke Treiben nach dem Krieg. Zwar gab es 1945 bereits wieder eine Herbstkirmes und einen ersten St. Martinszug im Noppdorf. Die Karnevalisten starteten erst im November 1948 mit ersten Sitzungen. „Die Karnevalisten erwachten endlich aus ihrem Dornröschenschlaf“, schrieben damals die Zeitungen. „Nein, so war es nicht. Man kann nicht einfach auf einen Knopf drücken und schon springt die Karnevalsmaschine an“, schreibt Günter Weinforth, Ehrenpräsident des Festausschusses Viersener Karneval. Das Urgestein des Vierscher Karnevals muss es wissen. Am 21. April wird er 92 Jahre alt. Weinforth ist im Rahser geboren und dort nach dem Krieg aufgewachsen. Schnell wurde er mit dem Bazillus Karneval infiziert.

Jetzt hat er die Geschichte des Karnevals in Viersen von 1945 bis 2006 in Buchform vorgelegt. Es versteht sich, dass die Lektüre eine heitere Angelegenheit ist. Und der Autor ist ein geübter: Dieses Buch ist bereits das dritte: Der erste Band behandelte die Anfänge bis 1928, der zweite die Jahre von 1928 bis 1939, also die Zeit unterm Hakenkreuz, jetzt folgte der dritte Band mit dem Neuanfang nach dem Krieg bis zum Jahr 2006, bis dahin war er Senatspräsident. Einen Folgeband will er jüngeren Karnevalisten überlassen.

Die vielfach an ihn von Jüngeren gestellte Frage, wie das eigentlich früher war, stand am Anfang und war Motivation, in die Archive zu gehen, zu recherchieren und alles aufzuschreiben. Man machte ihn darauf aufmerksam, dass es unter den Karnevalisten wohl keinen gebe, der über einen so reichen Erfahrungsschatz verfüge. Und dieser sollte der Nachwelt doch erhalten bleiben. „Es gibt keinen Viersener Büttenredner, der nach 1945 aufgetreten ist, den ich nicht persönlich kannte, was auch auf die Prinzenpaare, Präsidenten etcetera zutrifft“, schreibt der Autor im Vorwort.

Jetzt liegt das Buch mit stolzen 396 Seiten, jeder Menge Anekdoten und wunderbaren Fotos vor. So ist auf Seite 288 ein Foto vom Autor als sexy Nummerngirl Ingrid Steeger 1982 auf der Bühne zu finden. Dass das Buch überhaupt erscheinen konnte, ist keine Selbstverständlichkeit. Die Corona-Zeit hat das Arbeiten in den Archiven verzögert, noch schlimmer war ein Hackerangriff auf die Druckerei Hölters, durch den Dateien fürs Buch verloren gingen. Um so glücklicher waren der Autor, das Team der Druckerei um Geschäftsführer Christoph Hölters mit Willy Bouren, Ortsbürgermeister von Viersen, dass das Buch jetzt im Stadthaus vorgestellt werden konnte. Bürgermeisterin Sabine Anemüller ließ sich die Präsentation nicht entgehen.

Zweieinhalb Jahre hat Weinforth in seinem Privatarchiv, im Stadtarchiv in der Turnhalle, in Zeitungsbänden im Lesesaal gestöbert und dann alles zusammengefasst. Ein Ergebnis: Immer schon ging es ums liebe Geld. Etwa in der Session 1952/53: Die Freigabe der Festhalle am Karnevalssamstag und eine gewisse finanzielle Unterstützung der Stadt für den Karnevalszug am Sonntag standen an. Doch der alte Hauptausschuss fühlte sich wegen anstehender Wahlen nicht mehr zuständig, der neue nahm die Vorgänge lediglich zur Kenntnis. Aber es gibt wohl auch Narren, die „hinter jeder Brombeerhecke einen Feind wittern. 1950 kam es fast zu einer Art Narrenkrieg zwischen Dülken und Viersen, als in Viersen der Möhnetreck auf Rosenmontag gelegt wurde, wo doch an dem Tag in Dülken traditionell Rosenmontagszug ist.

Früher war alles anders - unter dieser Überschrift beschreibt Günter Weinforth das Altweiberrennen am Rosenmontag, ein Höhepunkt des Viersener Karnevals. Um 15.11 Uhr startete das Rennen am Alter Markt mit den Möhnen mit Rollern, Kinderwagen und Schubkarren. Ziel war der Neumarkt. Für Hunderte von Möhnen ging es um Preise und Ehre. Zehntausende säumten die Rennstrecke.