Pflegeeltern für Eichhörnchenbaby: Floh wohnt in der Mütze
Eine Familie im Grenzland hat ein verletztes Eichhörnchen-Baby gerettet und aufgezogen.
Niederkrüchten. Floh, oder auch einfach nur "Hörnchen", wie er liebevoll genannt wird, saust durchs Wohnzimmer der Familie Hoffmann. Zwischendurch geht es einmal schnell übers Sofa, an Mama Christiane hoch und wieder runter und dann an den Tisch, wo Saskia (7) Hausaufgaben macht. Schwups, ist der Radiergummi weg. Floh trägt die Beute unter den Schrank und versteckt sie dort.
Floh ist kein Haustier im eigentlichen Sinne. Floh ist ein Eichhörnchen und nur Gast bei der Familie aus Niederkrüchten. Dass er überhaupt noch lebt, verdankt Floh Christiane Hoffmanns Mutter Martha Grunt. Die Mönchengladbacher Seniorin stand am zweiten Ostertag auf ihrem Balkon in einem Mehrfamilienhaus und schaute in den Park.
Unter einem hohen Baum hatte eine Krähe mächtig viel Arbeit. "Sie hackte immer auf irgendetwas kleines Braunes ein", erzählt Martha Grunt. Sie erkannte, dass das eines der Eichhörnchen-Babys sein musste, deren Eltern in diesem Baum ihr Nest hatten. Sie lief aus der Wohnung, verscheuchte die Krähe.
Aber damit war Floh noch nicht gerettet. Denn das völlig verängstigte Baby streckte seiner Retterin zunächst nur die winzigen Krallen entgegen, so dass sie in die Wohnung zurücklief, um einen Karton zu holen. Sie hatte Angst, dass der kleine Kerl sich in der Hand nicht hineintragen lassen würde. Für Martha Grunt war sofort klar, wo das kleine Hörnchen hin musste. Tochter Christiane nickt. "Ich habe das Mama-Gen", sagt sie.
Vor zehn Jahren musste sie schon einmal kleine Hunde aufziehen, deren Mutter kurz nach der Geburt gestorben war. Einer davon lebt heute noch in der Familie. Zum Glück hat sie dieses Mama-Gen an ihre Töchter weitergegeben. Denn der kleine Gast aus dem Park war in den ersten Wochen sehr anspruchsvoll. Alle vier Stunden wollte Floh seine Milch. Eva (15) sprang ein, denn sie hatte noch Osterferien, während ihre Mutter schon wieder arbeiten musste.
Aber Floh wurde schnell größer. Nur sein Schwanz nicht. An einer Stelle, ziemlich in der Mitte, hatte die Krähe wohl zu heftig hineingehackt. "Das Schwanzende hing da wie ein vertrocknender Regenwurm - und irgendwann ist es abgefallen", berichtet die Eichhörnchen-Mama. Floh stört das aber nicht, es ist gut verheilt. Und springen übt er auch mit seinem halblangen Schwanz fleißig.
Nachdem er die erste Zeit bei der Familie in der Hauptsache in einer pinkfarbenen Fleece-Mütze, seiner Schlafmütze, verbracht hat, turnt er nun herum und sucht Futter, ganz nach Eichhörnchenart. Seine Schätze versteckt er mit Vorliebe in dieser Mütze, so dass es manchmal zum Schlafen schon zu eng dort wird. Am liebsten mag er Sonnenblumenkerne, aber auch Haselnüsse knackt er schon wie ein Großer.
Deshalb naht auch die Zeit des Abschieds. Immer häufiger schaut Floh interessiert aus dem Fenster. "Und ich glaube, es liegt ein bisschen Sehnsucht in dem Blick", sagt Christiane Hoffmann. Für die Familie war immer klar: Floh ist ein Wildtier, und er soll in die Freiheit zurück.
Weil die Familie in Waldnähe wohnt, soll Floh dort sein Zuhause finden. So kann er am Anfang noch in seine Schlafmütze zurückhuschen, wenn ihm die Natur zu aufregend ist. "Man hat uns gesagt, es gibt verschiedene Arten von handaufgezogenen Eichhörnchen", berichtet die Pflegemutter: "Die einen gehen raus und man sieht sie nie wieder, die anderen kommen immer mal wieder zu ihren Menschen zurück, und die dritten wollen gar nicht gehen und brauchen Zeit ihres Lebens ihren Rückzugsort bei den Menschen."
Sie kann nicht einschätzen, welcher Typ Floh sein wird. Aber sie wird es bald erfahren: Floh zieht in Kürze aus.