Schienenverkehr: „Es gibt große Probleme“

Schienenverkehr: Gute Nachrichten in Sachen Bahn sind selten am Niederrhein. Die WZ sprach darüber mit einem Vertreter von Pro Bahn.

Niederrhein. Detlef Neuß ist einer von mehreren Sprechern des Fahrgastverbands Pro Bahn am Niederrhein. Als Mönchengladbacher kennt sich der 55-Jährige in der Region besonders gut aus.

WZ: Herr Neuß, lädierte Bahnhofs-Fassaden, überfüllte Pendler-Züge, problematische Baustellen - ist der Niederrhein keine gute Gegend für den Schienenverkehr?

Detlef Neuß: Es gibt große Probleme, die abgestellt werden müssen, das ist vollkommen richtig. Aber Beschwerden bringen etwas. So gab es etwa im aktuellen Kempener Baustellen-Fall, wo Anwohner über großen Lärm geklagt hatten, einige Verbesserungen. Und Probleme gibt es auch woanders. Nehmen Sie den Essener Hauptbahnhof. Da wurden jetzt erst Aufzüge fertiggestellt, die es in Mönchengladbach oder Viersen schon gibt. Wir werden also nicht allein vernachlässigt.

WZ: Das dürfte die Menschen hier wenig trösten.

Neuß: Das ist richtig. Es könnte vor allem bessere Anbindungen in der Region geben. Manche Züge fahren mit viel zuwenig Waggons und sind während der Hauptverkehrszeit überfüllt, wie bei der Nordwestbahn zwischen Düsseldorf und Meerbusch oder der RB 33 von Duisburg nach Aachen über Krefeld und Mönchengladbach. Da sagen die Leute: Können die denn nicht noch was dranhängen? Aber die Wahrheit ist, dass das nicht irgendwelche Bahn-Verantwortlichen bestimmen, sondern die Kommunen. Anbieter wie Eurobahn, Nordwestbahn oder Deutsche Bahn schicken nur das auf die Schienen, was bestellt worden ist und bezahlt wird. Solche Missstände haben also Lokalpolitiker zu verantworten.

WZ: Welche Beschwerden hören Sie am häufigsten?

Neuß: An erster Stelle steht eindeutig der Mangel an Kommunikation, wenn etwas nicht funktioniert. Das gilt auch für die Kommunikation zwischen den Konkurrenten, die im Auftrag des VRR fahren. Ein mir bekanntes Beispiel: Die Eurobahn musste wegen einer Signalstörung verspätet in Neuss halten und fuhr nicht weiter nach Venlo. Die Fahrgäste wurden zwar darauf aufmerksam gemacht, dass sie eine S-Bahn nach Mönchengladbach nehmen konnten. Aber die hatte 45 Minuten Verspätung, während ein passender Regionalexpress, von dem offenbar niemand etwas wusste, bereits drei Minuten später in Richtung Mönchengladbach losfuhr.

WZ: Und die Kommunikation innerhalb der Unternehmen?

Neuß: Auch da gibt es Probleme, das hat man vor allem bei der DB nach den schweren Unwettern gesehen. Die Bahn kann keine umgestürzten Bäume verhindern, aber sie kann die Kunden besser informieren. Wenn Sie einen Bahn-Mitarbeiter fragen, wie Sie alternativ von Düsseldorf nach Krefeld kommen, kann der Ihnen nicht sagen, dass das mit der Straßenbahn der Linie U 76 leicht möglich ist.

WZ: Kommen wir zum Fernverkehr - wie bewerten Sie den?

Neuß: Es gibt aus der Region ja eigentlich nur das IC/ICE-Paar von Mönchengladbach nach Berlin. Da ist also ein großer Bedarf. Was uns völlig fehlt, ist eine Anbindung in den Süden, über Köln nach Frankfurt, Stuttgart und München. Von Hochgeschwindigkeitsstrecken will ich mal gar nicht reden; uns wäre ja schon geholfen, wenn man eingleisige Engpässe beseitigen würde - wie zwischen Dülken und Kaldenkirchen oder Rheydt und Odenkirchen. Wenn an diesen Stellen ein vollbeladener Erz-Transport wegen eines Verkehrszugs halten müsste, würde er beim Anfahren so viel Strom verbrauchen wie ein Durchschnittshaushalt im Jahr. Deswegen hat der Güterverkehr Vorrang, Passagiere müssen warten.

WZ: Apropos Güterverkehr, was sagen Sie zum Thema "Eiserner Rhein"?

Neuß: Das ist natürlich ein Dauerbrenner. Und wird es wohl zunächst auch bleiben, denn ich glaube nicht, dass sich in absehbarer Zeit etwas tut - ob A40- oder A52-Variante. Wie sollte das auch finanziert werden? Ich jedenfalls weiß es nicht.

WZ: Ein weiteres Zukunftsprojekt ist die Verlängerung der Regiobahn nach Venlo...

Neuß: Wir sollten erstmal den neuen NRW-Minister seinen Schreibtisch einräumen lassen. Aber was auf jeden Fall schwierig wird, ist der bereits erwähnte Engpass zwischen Dülken und Kaldenkirchen - im Bahnbetrieb hängt eben alles zusammen. Wir von Pro Bahn befürworten grundsätzlich die Verlängerung. Denn der grenzüberschreitende Nahverkehr ist wirklich schlecht, das gilt auch für den Busverkehr. Man bekommt hier ja leichter eine Fahrkarte nach Nowosibirsk als nach Roermond.