Gymnasium in Viersen Die ganz andere Projektwoche

Viersen · Die Mittelstufenschüler des Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasiums gehen dem Meer auf den Grund oder machen sich mit der VR-Brille auf die Pirsch nach Polarlichtern. „Let‘s Play Schule“ heißt bis Freitag das Motto. Was steckt dahinter?

Die beiden Lehramtsstudentinnen Lucie Schlütter (links) und Vivian Plitzko (rechts) sind gespannt, wie die Schüler ihres Projektkurses das noch leere Plakat zum Thema Artenschutz im Meer füllen werden.

Foto: Bianca Treffer

660 Hände applaudieren, und die 24 Lehramtsstudierenden der Ruhr-Universität Bochum in der Aula des Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasiums sind gerührt. Gerade wurden sie vom stellvertretenden Schulleiter Jörg Volger den 330 Schülern vorgestellt („Das sind die Lehramtsstudierenden der Ruhr-Universität Bochum. Sie werden für eine Woche eure Ansprechpartner sein“), als der spontane Applaus einsetzt. Für die Studierenden ist dieser Montagmorgen genauso spannend wie für die Schüler der Stufen sieben, acht und neun. Für die Mittelstufe beginnt nämlich eine besondere Woche: Das EvR ist die erste Schule im Kreis Viersen, die das Angebot „Let‘s Play Schule“ nutzt. Bis Freitag übernehmen die Studierenden der Ruhr-Uni den Unterricht komplett, bieten elf jahrgangsübergreifenden Unterrichtsprojekte rund ums Thema Nachhaltigkeit an.

Das Projekt wurde 2017 von der Erziehungswissenschaftlerin Dorothea Doerr auf Grundlage der Schuladoption „Studierende machen Schule“ an der Europa-Universität Flensburg entwickelt. „Let’s Play Schule“ bietet Lehramtsstudierenden die Möglichkeit, konkrete Praxiserfahrungen während ihres Studiums zu sammeln. Sie unterrichten nach selbst konzipierten Unterrichtsentwürfen, die auf der Grundlage der Bildung für nachhaltige Entwicklung basieren. „Für uns ist es eine Win-Win-Situation. Der Einsatz der Studierenden setzt die Arbeitskraft vieler Stammlehrkräfte frei, die sonst die Klassen unterrichten würden“, sagt Schulleiter Christoph Hopp. „Sie können nun ihrerseits an Schulentwicklungsprojekten arbeiten, was uns als Schule weiter nach vorne bringt. Mit Hilfe des Projekts bekommen so einerseits Lehramtsstudierende die Möglichkeit, Praxiserfahrung zu sammeln, und auf der anderen Seite erhält die Schule Zeit für ihre Schulentwicklungsprozesse.“ In der Aula haben sich die Schüler inzwischen auf ihre jeweiligen Gruppen verteilt, wobei jeder vorab sein Wunschthema ausgesucht hatte. „Ich finde, das ist eine gute Abwechslung. Das ist Schule mal anders“, sagt Vanessa aus der achten Klasse. Dem kann sich Tim aus der Jahrgangsstufe sieben nur anschließen. „Es ist interessant, etwas anderes zu machen, als am normalen Unterricht teilzunehmen“, sagt er. Er hat sich, wie Vanessa, für das Angebot „Artenschutz im Meer“ entschieden. Zusammen mit weiteren 35 Schülern folgen sie Vivian Plitzko und Lucie Schlütter, die die Gruppe leiten. Plitzko studiert im ersten Fachsemester für den Master Deutsch, Pädagogik und Sozialwissenschaften. Bei Schlütter sind es Deutsch und Philosophie im fünften Semester.

Beide starten ihren ersten Tag mit einem Kennenlernspiel. „Danach werden wir Themen wie Plastik im Meer und Überfischung angehen. Zudem bilden wir Expertengruppen, die sich jeweils mit einem Meeresbewohner beschäftigten, so dass wir am Ende eine große Collage anfertigen können“, sagt Plitzko. Zusätzlich soll es eine Exkursion zum Gasometer Oberhausen geben, zur Ausstellung „Planet Ozean“.

Im Nebenraum sind Melissa Kilinc und Amy Bödecker indes mit dem Thema nachhaltiger Tourismus gestartet. Unter dem Titel „Unsere Reise geht los“ steht als erstes die Auseinandersetzung mit dem Begriff „Nachhaltiger Tourismus“ an. „Eins unserer Highlights sind die VR-Brillen, mit denen wir reisen werden. Wir erleben unter anderem die Polarlichter und gehen durch den Louvre“, sagt Kilinc. Ob Haus der Zukunft, Luftverschmutzung in (Groß-)Städten, Nachhaltige Ernährung, Future Fashion oder der Aqua Footprint – jedes der elf Themen ist spannend. „Es ist ein innovatives Projekt. Die Bildungsministerin hat gesagt, Schule müsse anders werden. Dieses Projekt ist ein erster Schritt dazu, da es auch gleichzeitig eine Innovationswoche fürs Kollegium ist“, sagt Hopp. Die Lehrer am Erasmus beschäftigen sich während der Projekt woche mit der eigenen Schulentwicklungsarbeit, zu der unter anderem selbstgesteuertes Lernen sowie Förder-Forder-Konzepte gehören.