Wegberg-Prozess: Nach Gutachterstreit in Ferien

Das Gerichtsverfahren um die Todesfälle in der Klinik zieht sich in die Länge. Inhaltlich geht es erst am 30. August weiter.

Wegberg/Mönchengladbach. Der Prozess gegen den ehemaligen Chefarzt der Wegberger St. Antonius-Klinik, Arnold Pier, und zwei mitangeklagte Ärzte schleppt sich weiter dahin. Piers Verteidiger wollen mit einem Befangenheitsantrag einen zweiten Gutachter aus dem Verfahren werfen lassen. Einmal war ihnen das schon geglückt.

Pier werden zahlreiche Körperverletzungen und auch Todesfälle in der Klinik unter seiner Leitung zur Last gelegt. Aktuell geht es um den Tod einer 76-jährigen Frau, die auf der Intensivstation verstorben war. In ihren Patientenunterlagen hatte sich eine "rote Drei" befunden - das klinikinterne Kürzel dafür, dass bei einem Patienten keine intensivmedizinischen Maßnahmen mehr durchgeführt werden, er also sterben darf.

Gutachter Martin Walz hatte Pier im eigentlichen Vorwurf der fehlerhaften Behandlung zwar entlastet, aber die Frage aufgeworfen, warum die Frau sterben musste. Seines Erachtens sei sie rettbar gewesen. Stein des Anstoßes für den Befangenheitsantrag ist ein Interview, das der Gutachter gab.

Darin stellt er dar, dass aus seiner Sicht eine Entscheidung darüber, keine Maßnahmen mehr einzuleiten, nicht einem Arzt allein obliegen solle. In mehreren Passagen des Interviews wird ein Bezug zum Klinik-Wegberg-Verfahren hergestellt. Piers Anwälte äußerten daraufhin die Besorgnis, der Gutachter könne durch diese Bewertung befangen sein.

Dem widersprach gestern die Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung habe da einige Paragraphen missverstanden, rügte der Staatsanwalt. Eine Ablehnung sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Gutachter dem Angeklagten gegenüber eine voreingenommene Haltung zeige. Die Tatsache allein, dass er sich allgemein geäußert habe, führe "keinesfalls zwangsläufig zur Befangenheit".

Eine Entscheidung fällte das Gericht noch nicht. Aber Richter Lothar Beckers traf Vorkehrungen für alle Eventualitäten. Nachdem er am 29. Juli die Entscheidung über die Befangenheit verkünden will, geht es erst einmal in die Sommerpause.

"Damit hätte ein neuer Gutachter, so wir ihn denn brauchen sollten, genügend Zeit, sich einzuarbeiten", erklärte Beckers. Verhandelt wird dann - mit welchem Sachverständigen auch immer - erst wieder ab 30. August. Im September läuft der Prozess dann schon ein Jahr, und ein Ende ist nicht in Sicht.