Seit der Corona-Pandemie und den darauffolgenden weiteren Krisen hat sich das Kaufverhalten im Kulturbereich drastisch geändert. „Trotzdem weisen die Veranstaltungen in der Festhalle Viersen mittlerweile wieder eine durchschnittliche Auslastung von 85 Prozent aus“, berichtet Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD). „Das Internationale Jazzfestival 2024 konnte sogar einen neuen Besucherrekord verzeichnen. Dies ist im Vergleich zu anderen Städten ein sehr gutes Ergebnis.“
Auslastung alleine sollte jedoch aus Sicht der Bürgermeisterin in der kommunalen Kulturpolitik nicht das einzig entscheidende Kriterium sein. Während eine hohe Auslastung oft als Indikator für den Erfolg von Veranstaltungen und Einrichtungen gesehen werde, sei es wichtig, dass Kommunen darüber hinaus auch eine besondere Verantwortung tragen, Kultur abseits des Mainstreams zu fördern und zu präsentieren.
Da eine entsprechende Qualität mit dem seit Jahren nicht erhöhtem Kulturbudget in der heutigen wirtschaftlichen Lage mit enorm gestiegenen Kosten nicht zu halten ist, schlug die Bürgermeisterin in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses vor, die Aboreihen Sinfonie- und Kammerkonzerte zu einer neuen Aboreihe „Meisterkonzerte“ zusammenzulegen. „Durch die Reduzierung von jeweils einem Konzert oder mehreren Konzerten aus der ursprünglichen Aboreihe wäre finanzieller Spielraum gewonnen, um die Qualität der einzelnen Konzerte zu erhalten.“
Damit aber war die Mehrheit im Kulturausschuss nicht einverstanden – nicht zuletzt aus Sorge, dass die Freunde der sinfonischen Musik nicht unbedingt Freunde der Kammermusik sein müssen.
Dennoch wird sich die Viersener Kultur wandeln: In der neuen Spielzeit wird es das Format „Vierfalt after work“ nicht mehr geben. Dieses Format wurde entwickelt, um flexibel und kurzfristig auf interessante Angebote und Formate reagieren zu können und um ein niedrigschwelliges Angebot zu schaffen, auch um ein neues Publikum in die Festhalle zu locken. „Der Anspruch, dies als ,after Work’ erlebbar zu machen, ist aus verschiedenen Gründen zum Teil gescheitert, einerseits mangels Budget für zusätzliche Marketingmaßnahmen, um ein solches Angebot bekannter zu machen. Andererseits, da es rund um die Festhalle abends kein gastronomisches Angebot gibt und auch keinen Ort, um sich nach der Vorstellung noch auszutauschen“, berichtete die Bürgermeisterin. „Somit wurde auch kaum
neues Publikum gewonnen.“ Einige Kernbesucher hätten das Format als zusätzliche Möglichkeit genutzt, um außerhalb der Aboreihen Kultur zu erleben, berichtete Anemüller.
Bei diesem Punkt erklärte sich die Politik einverstanden, die Reihe in der neuen Spielzeit ersatzlos zu streichen. Die Kosteneinsparung wird allerdings laut Stadtverwaltung nur minimal sein und soll nun zugunsten von anderen Formaten oder Aboreihen genutzt werden. Und: Auch wenn „Vierfalt after work“ in der Festhalle abgeschafft wird, soll es „Vierfalt after work“ weiter geben – in der Städtischen Galerie im Park, da dort mittlerweile auch Lesungen und Kunst-Comedy stattfinden.
Doch nicht nur die Kultur wandelt sich, auch die Werbung für die Viersener Veranstaltungen soll auf breitere Füße gestellt werden. Dafür gab die Politik ein Budget von 1000 Euro frei. Durch folgende Maßnahmen sollen die Veranstaltungen der neuen Spielzeit beworben werden:
- Veranstaltungskalender Alle relevanten Veranstaltungen sollen in Online-Veranstaltungskalender eingepflegt werden. Die Kosten dafür sind gering, der Personalaufwand allerdings ist hoch.
- Bodenmarkierungen Künftig sollen Bodenaufkleber an einem stark besuchten Ort im Innenbereich auf Kulturveranstaltungen hinweisen.
- Social Media Mehr als bisher soll die Stadt bei Instagram und Facebook für die Kulturveranstaltungen werben – und Kontakt zu Kulturbloggern aufnehmen, die ebenfalls über das Programm in Viersen berichten.
- E-Mail-Marketing Einmal im Monat soll ein E-Mail-Newsletter verschickt werden, mit Ankündigungen von Kulturveranstaltungen in Viersen und Kaufanreizen.