Willich Amtsmüde? Das Gegenteil ist der Fall!
Seit 18 Jahren führt Thomas Metzer die Freiwillige Feuerwehr in Willich. Und er sieht sie im Interview mit der WZ sehr gut aufgestellt.
Willich. Der Stadtrat hat kürzlich Thomas Metzer für sechs weitere Jahre zum Chef der Willicher Feuerwehr gemacht. Am Donnerstag wird ihm die Ernennungsurkunde überreicht. Die Westdeutsche Zeitung hat vorab mit ihm gesprochen.
Herr Metzer, Sie sind seit 1998 Leiter der Feuerwehr der Stadt Willich. Hat sich an Ihren Aufgaben in der bisherigen Amtszeit etwas geändert?
Thomas Metzer: Ja, es gibt deutlich mehr Aufgaben, an denen die Feuerwehr beteiligt ist. So sind im Rahmen von Sicherheitskonzepten oder geplanten Straßenbaumaßnahmen Stellungnahmen erforderlich. Das ist ein großer Aufgabenbereich für mich geworden. Dann legt man heutzutage großen Wert auf Gefährdungsbeurteilung und Unfallverhütung. Hier trägt man als Feuerwehrchef die Verantwortung — auch für Ausbildung und Schulung. Ich habe diesen Bereich mittlerweile an einen speziellen Ausbildungsbeauftragen, Bernd Teschen, weitergegeben. Nicht zuletzt ist der Einsatz- und Ausbildungsauftrag insgesamt enorm gewachsen.
Welche Stellungnahmen müssen Sie denn beispielsweise ausarbeiten?
Metzer: Etwa wenn eine neue Tempo-30-Zone eingerichtet wird. Da werden Kontrollfahrten notwendig, um zu klären, ob die Feuerwehrleute dann noch rechtzeitig zur Wache kommen oder ob das Feuerwehrfahrzeug möglicherweise zu spät am Einsatzort eintrifft.
Bekleidet man als Chef der Freiwilligen Feuerwehr in Willich noch ein Ehrenamt — oder ist dies längst ein Full-Time-Job geworden?
Metzer: Ich war bei den Stadtwerken beschäftigt, bin aber mittlerweile für meine Aufgaben an 365 Tagen im Jahr freigestellt. Das geht nicht mehr anders. Früher konnte ich noch vieles nach Feierabend erledigen, doch bei der Fülle der zusätzlichen Aufgaben ist das nicht mehr möglich. Die ursprüngliche Arbeit, also eine Freiwillige Feuerwehr mit rund 300 Angehörigen zu führen, findet aber nach wie vor nach Feierabend oder am Wochenende statt. Denn nur dann stehen die Kameradinnen und Kameraden für Veranstaltungen zur Verfügung.
Das neue Gerätehaus in Anrath ist im Bau. Clörath, Schiefbahn und Neersen haben die Modernisierung schon hinter sich. Ist als Nächstes wieder die vor 15 Jahren eingeweihte Willicher Wache dran oder steht dort noch alles zum Besten?
Metzer: Ich hatte tatsächlich das Glück, in einer Zeit die Feuerwehr führen zu dürfen, in der viele solcher Maßnahmen umgesetzt wurden. Und ja: Wenn Anrath fertiggestellt ist, werden wir uns wieder um Willich sowie um Restarbeiten in Neersen kümmern müssen. Wer sich in der Willicher Wache umschaut, wird schnell feststellen, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Der Löschzug Willich ist von damals 60 auf mittlerweile 85 Mitglieder gewachsen. Das passt schon von den Umkleide-Möglichkeiten nicht mehr. Wir werden uns in den nächsten Jahren Gedanken machen müssen, dies auf den neuesten Stand zu bringen.
Die technische Ausrüstung ist aber in Ordnung?
Metzer: Der Fuhrpark ist teilweise erneuert worden. Für den Bedarf an sächlicher Ausstattung ist einiges passiert. Es gibt keine Probleme.
Kommen wir noch einmal zur Willicher Wache an der St. Töniser Straße. Dort gab es in der Vergangenheit Probleme mit dem nahegelegenen Kreisverkehr. Mal erreichten die Feuerwehrleute wegen des hohen Verkehrsaufkommens die Wache nicht, dann wieder kamen die Einsatzfahrzeuge schlecht durch. Tritt dies mittlerweile nicht mehr auf oder wartet das Problem immer noch auf eine Lösung, etwa durch eine zweite Zufahrt?
Metzer: Die Probleme mit der Zu- und Abfahrt sind nach wie vor akut. Zu gewissen Tageszeiten ist das ausgesprochen schwierig. Noch in diesem Jahr müssen wir den neuen Brandschutzbedarfsplan vorlegen, daran wird von einem externen Gutachter gerade gearbeitet. Das Problem Kreisverkehr wird hier einfließen. Eventuell steigen wir noch in diesem Jahr in die Planungen ein.
Vielen Vereinen fällt es schwer, junge Leute für ihre Arbeit zu begeistern. Wie sieht es bei der Freiwilligen Feuerwehr aus: Haben Sie Nachwuchsprobleme?
Metzer: Große Sorgen haben wir in der Tat nicht. Es gibt einige Löschzüge, die ihren Nachwuchs komplett aus Jugendfeuerwehren rekrutieren. Etliche finden in Willich nach wie vor den Weg zur Feuerwehr, gehen aufgrund von Ausbildung und Studium leider aber wieder. Es ist deshalb enorm wichtig, immer wieder neue Mitglieder zu bekommen, die den Bestand der einzelnen Löschzüge sichern.
Das hat ja sicher auch mit der Tagesverfügbarkeit der Feuerwehrleute zu tun.
Metzer: Da hat es tatsächlich eine gesellschaftliche Veränderung gegeben. Viele Willicher arbeiten mittlerweile nicht mehr in der Stadt, stehen deshalb für Tageseinsätze kaum zur Verfügung. Auch vonseiten der Stadt ist dies erkannt worden. Die Verwaltung versucht deshalb, bei gleicher Eignung und Qualifikation freiwerdende Stellen mit Feuerwehrleuten zu besetzen, die dann immer vor Ort sind. Zusätzlich werden in diesem Jahr zwei Stellen für hauptamtliche Gerätewarte geschaffen. Dann hätte die Stadt vier solcher Gerätewarte.
Die Feuerwehr muss in acht Minuten am Einsatzort sein. Kann diese gesetzlich vorgeschriebene Rettungszeit in Willich weiter aufrecht erhalten werden?
Metzer: Im Rahmen des Brandschutzbedarfsplans wird dazu neues statistisches Material vorgelegt. 90 Prozent der Einsätze müssen durch die Hilfskräfte in diesem Rahmen eingehalten werden. Oder man muss eben in einigen Bereichen nachsteuern. Zum Beispiel am Kreisverkehr in Willich. Durch das Ehrenamt kann es zudem zu Problemen kommen, wenn man tagsüber nicht von seiner Arbeitsstelle wegkommt. Bei Bränden lassen die Arbeitgeber die ehrenamtlichen Kräfte gerne gehen. Doch immer häufiger gibt es andere Einsätze, etwa die hilflose Person hinter der Tür oder der Ölfilm auf der Straße. Hier erwarten manche Arbeitgeber, dass beim Abstreuen einer Ölspur auch die Kommune tätig werden kann.
Die Stadt Willich zählt mehr als 50 000 Einwohner. Braucht sie nicht längst eine Berufsfeuerwehr?
Metzer: Nein, aus meiner Sicht muss darüber nicht nachgedacht werden, da man noch andere Stellschrauben hat. Wir haben ja beispielsweise schon die Schaffung von Verwaltungsstellen für Feuerwehrangehörige erwähnt.
Und was würde eine Berufsfeuerwehr kosten?
Metzer: Von einer Berufsfeuerwehr spricht man, wenn mehr als sechs Stellen im Brandschutz im 24-Stunden-Dienst vorgehalten werden. Um das an 365 Tagen im Jahr zu schaffen, muss man 30 Leute einstellen, die alle verbeamtet werden. Da kann sich ja jeder selbst ausrechnen, was so etwas kosten würde.
Gerade sind Sie vom Stadtrat für weitere sechs Jahre gewählt worden. Spüren Sie nie so etwas wie Amtsmüdigkeit?
Metzer: Nein! Mein Aufgabenbereich ist sehr vielfältig, immer wieder gibt es neue Herausforderungen. Das macht nach wie vor Spaß. Und ich sehe es auch immer wieder mit großer Freude, wenn sich neue Mitglieder finden und mit welchem Elan sie an ihre Aufgaben herangehen.