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Arzt für Luxuskarossen

Norbert Lahme restauriert in seinem Betrieb im Stahlwerk Becker Ferraris. Das geht gut ohne Spezialwerkzeug.

Willich. Norbert Lahme hat seinen Ein-Mann-Betrieb von Meerbusch-Büderich, dem Ort mit der überdurchschnittlich hohen Millionärsdichte, nach Willich verlagert. Das erstaunt, hegt und pflegt der 49-Jährige doch ausschließlich rare Luxusprodukte: Norbert Lahme kümmert sich mit Hingabe um ältere Ferrari-Modelle.

Am Siemensring weiß er sich in bester Gesellschaft. Sein Hallennachbar Ingo Fabek ist für ihn schon lange erste Wahl, wenn es um Arbeiten an der Karosserie oder im Innenraum der edlen Fahrzeuge geht. In seinen Augen lackiert niemand weit und breit so gut wie die Spezialisten bei Auto Hartwig.

Bei Norbert Lahme gehen die Uhren anders. Der Mann aus dem Sauerland, der in Oberursel bei einem Ferrari-Vertragspartner gearbeitet hat, gönnt sich einen Luxus: Er öffnet seine Werkstatt erst um 10 Uhr. Ebenfalls ungewöhnlich: Nichts weist auf seinen Betrieb hin, kein Schild, kein Ferrari-Emblem, gar nichts. Man findet ihn auch nicht im Telefonbuch.

Die Kunden ticken ebenfalls etwas anders: Morgens gebracht, abends gemacht, das würden sie niemals einfordern. Da steht zum Beispiel ein dunkelblauer Ferrari 365 GT 4 mit Münchner Kennzeichen. Der Besitzer, ein Autosammler, kommt irgendwann, wird dann einen anderen Wagen mitbringen und da lassen. Die Karosserie des roten 328 GTS, Baujahr 1987, ist im Bereich des Motorraums mit drei karierten Wolldecken geschützt. Darauf liegt ein kleiner runder Spiegel mit einem langen Griff, der wie eine Leihgabe aus einer Zahnarztpraxis wirkt, daneben steht ein ausgedienter Kochtopf mit Bremsenreiniger.

„Um einen älteren Ferrari zu reparieren, braucht man nicht sonderlich viel Spezialwerkzeug“, verrät der „Arzt“ für die Luxuskarossen. Und er räumt mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf: „Einen älteren Ferrari zu unterhalten, ist nicht unerschwinglich.“ Der Besitzer des roten 328 GTS sei um die 30 Jahre alt, ein Bankkaufmann, der sich einen Jugendtraum erfüllt hat und dessen Budget begrenzt ist. Norbert Lahme ist sich sicher, dass der Wertzuwachs für diesen Wagen höher sein wird als die Kosten für die kontinuierlichen Instandhaltungen. Insofern ist die aufregende Karosse eher Kapitalanlage als Geldvernichtungsmaschine.

Überhaupt sind dem zurückhaltend auftretenden Sauerländer die Kunden am liebsten, die finanziell nicht aus dem Vollen schöpfen können: „Die wissen meine Arbeit am meisten zu schätzen.“ Eine Inspektion dauert in der Regel eine Woche. Wenn es unbedingt sein muss, repariert Lahme auch schon mal einen Lamborghini.

Was fährt der Wahl-Büdericher und Vater eines 20-jährigen Sohnes privat? Nichts sonderlich Ausgefallenes, sondern einen BMW-Youngtimer. Der Mann ist in zweiter Ehe mit einer Frau aus der Dominikanischen Republik verheiratet.