Kunst-Projekt Kappen-Aktion gibt Selbstbewusstsein
Anrath. · Die behinderten Bewohner des Hauses Anrode haben Mützen gebastelt und sie in einer Modenschau vorgestellt.
Es ist eine Modenschau der besonderen Art: Menschen mit Behinderung haben eine Woche lang ihre ganz persönliche Kappe gestaltet. Sie soll Wünsche, Hoffnungen, Hobbys widerspiegeln. Und nun sitzen alle Teilnehmer und ihre Begleiter im Garten von Haus Anrode in Anrath, einer Einrichtung der Lebenshilfe im Kreis Viersen. Sie tragen ihre verzierten und bemalten Käppis und feiern gemeinsam mit der katholischen Pastoralreferentin Anja Künzel einen Gottesdienst.
Künzel segnet jeden und legt ihm die Hand auf. Manche halten kleine Glocken und Schellen in der Hand, deren Klänge die Luft erfüllen. Dann geht es endlich los: Jeder, der eine Kappe gebastelt hat, präsentiert sein Werk vor allen anderen. Dazu wird „New York, New York“ abgespielt. Als die Technik versagt, wird kurzerhand gesungen und geklatscht. Wer nicht laufen kann, der wird mit seinem Rollstuhl in die Mitte gefahren. Wem die Worte fehlen, für den spricht jemand anders.
Die Kappen spiegeln auch die Vereinsvorlieben der Träger wider
Das ist nicht nötig bei Steffi. Die junge Frau trägt eine vergoldete Kappe, die mit Goldstücken und einer Krone geschmückt ist. Aufgeregt erzählt sie vom „Gold der Seele“, und dass Gott jeden Menschen liebt, auch diejenigen, „die Angst haben“.
Viele Künstler sind Borussia-Fans und haben dies durch die Farben und das Logo ihres Vereins zum Ausdruck gemacht. Noten weisen immer wieder darauf hin, dass hier Musikliebhaber unterwegs sind. Brigitte im grauen Teddy-Mantel hat einen Hirsch auf ihr Käppi gemalt, eingerahmt von aufgeklebten Eicheln und Tannenzapfen. Auf der Rückseite sind ein Pinsel und ein pinkes Töpfchen aus dem Wasserfarbkasten angebracht. „Ich liebe die Natur, und male gern“, sagt sie. Die Menschen genießen es, für einen Moment im Mittelpunkt zu stehen, sich wie ein Star zu fühlen.
„Auf den Hut gekommen“ nennt sich das inklusive Kunstprojekt der katholischen Kirche im Bistum Aachen. Ausrichter ist der Bereich „Seelsorge Mit-Menschen mit Behinderung“, und dort im Speziellen Pastoralreferentin Anja Künzel aus Krefeld. Sie hatte die Idee, als sie nach der Herkunft des Wortes Handicap forschte und herausfand, dass es auf ein mittelalterliches Tauschspiel mit dem Namen „hand in cap“ zurückgeht, bei dem man seine Hand in eine Kappe legt, um einen Gegenstand hineinzulegen oder herauszunehmen. Daraus hat sie das aktuelle Projekt entwickelt, das sich zu einer Art Selbstläufer entwickelt hat und seit Anfang des Jahres schon rund 30-mal gebucht wurde.
Das Angebot ist nicht an eine bestimmte Konfession gebunden
„Ich bin derzeit jeden Tag mit Hut unterwegs“, erzählt sie schmunzelnd. Angefragt wird es von Einrichtungen der Behindertenhilfe aller Couleur, es ist nicht konfessionell gebunden. „Das Bistum Aachen hat sehr gute Erfahrungen mit Kunstprojekten gemacht“, erzählt Künzel und erinnert an Aktionen mit kunstvoll bearbeiteten Stühlen und Schuhen. Kirche dürfe nicht mehr abwarten, sondern müsse zu den Leuten gehen, so ihre Überzeugung. „Und da öffnen sich viele Türen, und man erlebt manche Überraschung“, sagt sie.
Heimleiterin Esther Mand jedenfalls ist begeistert: „Das ist für die Menschen etwas ganz Besonderes. Einige kommen aus unserem Haus in Wekeln und haben sich erstmals rausgetraut und mit anderen getroffen. So eine Aktion ist ein wichtiger Schritt zur Inklusion.“ Sie selbst eilt zurück an ihren Schreibtisch. Alle anderen lassen bei Grillwürstchen und Brot die Woche ausklingen.
Weitere Informationen zu dem Projekt gibt Anja Künzel unter der Telefonnummer 02151/933603 oder per E-Mail an die Adresse: